DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1941

1.) Bildung verpflichtet und Bildung macht frei.

2.) Durch welche Mittel lassen sich die sozialen Unterschiede und Gegensätze in der Volksgemeinschaft mildern?

3.) Organisation und Betrieb eines heutigen Zeitungsverlages (dargestellt auf Grund einer Besichtigung des Westdeutschen Beobachters).


Beurteilung

Schüler B., Karl Peter

Des Schülers bisherige Entwicklung ist namentlich beeinflußt von einem schweren Unfall, der ihn als zehnjährigen Knaben traf und ihn an den Rand des Grabes brachte. Bis dahin war seine Jugend in der harmonischen Gemeinschaft einer kinderreichen Familie, in der er schon früh sich anpassen und verzichten lernte, und auf dem elterlichen Hofe in enger Verbindung mit der Natur verlaufen. Nunmehr verwies ihn die durch den Unfall verursachte Unfähigkeit zu schwererer körperlicher Arbeit auf den Weg des Studiums, das er 1934 in Sittard begann. Das Internatsleben und der Dienst in der H.J., der er seit 1933 angehört, lehrten ihn echte Kameradschaft und erleichterten ihm so den Anschluß an die neuen Schulkameraden in der Großstadt. Mehr Schwierigkeiten bereitete ihm der Schulwechsel auf wissenschaftlichem Gebiete besonders wegen der vollständig veränderten Lernmethode. Doch gelang es ihm dank ernsten Strebens und seiner voll ausreichenden Fähigkeiten bald, überall wenigstens Ausreichendes, in einzelnen Fächern sogar Befriedigendes zu leisten.

Mit der Erreichung des 18. Lebensjahres trat B. in die S.A. ein, an deren Dienst er sich regelmäßig beteiligte.

Seine Meldung zum Heeresdienst nach Ausbruch des Krieges blieb wegen seiner Verletzung erfolglos.

Lebenslauf

Den Herrn Direktor des Staatlichen Dreikönigsgymnasiums bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung 1941.

Im Spätwinter des Jahres 1921 empfing ich aus dem Schoße der Mutter das Leben. Man schrieb den 3. Februar.

Unter der hütenden Sorge und einer opferstarken Liebe der Eltern verlebte ich meine früheste Jugend auf dem elterlichen Hofe. Mit vorbildlichem Fleiße rangen die Eltern, Joh. B. und Maria geborene R., acht- und ehrbare Bauersleute, mit der ihnen anvertrauten Scholle für das Wohl ihrer 10 Kinder.

Als ich das sechste Lebensjahr erreicht hatte, schickten mich die Eltern in die Grundschule nach Loope. Der Schulweg war fast eine Stunde lang. Das Band unter uns Geschwistern wurde eng verknüpft durch die gemeinsamen Aufgaben, die wir zu erfüllen hatten; denn [.?.] mußten wir alle tüchtig mithelfen, jeder so gut er konnte. Oft war die Arbeit schwer, doch feuerte uns das Beispiel der Eltern immer wieder an. Das erweiterte in uns das Pflichtbewußtsein. Wie das Verhältnis der Geschwister untereinander, so war auch die Beziehung zwischen Eltern und Kindern eine glückliche.

Der 26. Januar des Jahres 1931 brachte schließlich eine Wendung ganz besonderer Art in mein Leben. Durch einen Unfall erlitt ich eine so schwere Verletzung des linken Unterarmes, daß mein Zustand äußerst bedenklich wurde. Erst nach der Überführung in die Bonner Klinik, nachdem ich schon drei Wochen in hoffnungslosem Zustand in dem Krankenhaus zu Engelskirchen gelegen hatte, durfte ich langsam auf eine Besserung hoffen. Nach 4 Monaten schmerzlichen Krankenlagers entließ man mich teilweise wieder hergestellt. Doch trug ich fortan die rauhen Abdrücke eines Schicksalsschlages.

Dieser Unfall war bestimmend für die Art meines zukünftigen Berufes.

Die Eltern schickten mich also im 13. Jahre auf ein Internat nach Sittard. Hier blühte das gemeinschaftliche Leben, das im Familienkreise geweckt und später im Jungvolk, den ich 1933 beitrat, erweitert worden war, in ganz besonderer Weise. Fünf Jahre dauerte der Aufenthalt auf dieser Schule, dann fand ich Aufnahme auf der 7. Klasse des Dreikönigsgymnasiums zu Köln. Dieser Schulwechsel hatte naturgemäß auf die Leistung eine starke Wirkung im negativen Sinne.

Während vordem das Studium fast ausschließlich eine Angelegenheit des Fleißes war, empfand ich die neue Lernart in der Hauptsache als eine Verstandesarbeit. Nur langsam und sehr schwer vermochte ich hier einen Ausgleich zu schaffen.

Nach Ausbruch des Krieges habe ich mich als echter deutscher Junge und vaterlandsliebender S.A. Mann zum Heeresdienst gemeldet. Auf Grund meiner Verletzung wurde ich jedoch nur als bedingt tauglich befunden.

Ich möchte später den Lehrerberuf für Landwirtschaft ergreifen.

Als Wahlfach möchte ich Englisch nehmen. Als Wahlfach möchte ich Biologie nehmen.

Ich bitte um einen Vermerk im Zeugnis über mein religiöses Bekenntnis.

Abituraufsatz

Deutsche Prüfungsarbeit.

Bildung verpflichtet, und Bildung macht frei.

Gliederung.

Bildung.

a). gesellschaftliche Bildung.

b). Wissensbildung.

c). Herzensbildung.

Verpflichtungen.

a). Der Gesellschaft gegenüber.

b). Dem Mitmenschen, insbesondere dem Ungebildeten gegenüber.

c). Zu Erhaltung und Erweiterung wessen? Gemeint ist wohl: der Bildung_ .

Freiheit.

a). Urteilsfreiheit.

b). A. ist Freiheit des Fühlens etwa gemeint?Herzensfreiheit (Selbst)

Für alle Menschen sicher unzutreffend. „Unser" mußte also näher bestimmt werden.Unser ganzes Gr.menschliche Streben ist dahin gerichtet, ein möglichst vollkommenes Innenleben uns zu erwerben. In uns eine Bildung zu gestalten, die uns die innere Freiheit bringen soll, ist das Ziel, das wir verfolgen. Diese Bildung A. erwächst aus verschiedenen Wurzeln.ist eine Vereinigung verschiedener Unterabteilungen . Einmal kann sie auf gesellschaftlicher Grundlage ruhen, das heißt der Mensch beachtet die..._ und ist mit ihnen_ vertraut A.mit den gesellschaftlichen Regeln .

Auch auf Wissen kann Bildung beruhen, doch auch nicht allein auf dem Wissen. Denn ein Mensch von großem Wissen ist doch nicht immer gebildet. Erst wenn wir die Herzensbildung mit den beiden anderen vereinigen, haben wir A. entsteht wahre, echte Bildung.den Begriff der Bildung klar .

Mit dem Besitzen dieser Bildung verbindet sich jedoch auch eine Verpflichtung, zumeist eine solche gegenüber der Gesellschaft. Denn die gesellschaftlichen hier fehlt die Begründung von den Forderungen der Bildung her.Formen nicht zu beachten, würde als höchst ungebildet gelten . Während man früher sehr leicht versucht war, die gesellschaftliche Verpflichtung zu stark zu betonen, scheint mir heute unsere Generation Z., diese Verpflichtung oft vollkommen abzulehnen. Gewiß wäre auch hier der A. Was heißt das?Mittelweg der geeignetste . Doch nicht der Gesellschaft allein gegenüber, vielmehr fehlt im Entwurf. im Entw. richtig: dem einzelnen Menschen- ich möchte fast sagen - dem Mitmenschen allein , vor allem dem Ungebildeten gegenüber liegt die größere Verpflichtung. Das ist vielleicht die höchste Verpflichtung, die der Gebildete hat. Denn auch der Ungebildete sucht und forscht nach neuen Erkenntnissen. Wenn es um ihn dann vielleicht einmal leer wird und er keinen Halt mehr findet, dann sucht er nach etwa: einen Halt, an den (im Entw. richtig: sucht er diesen bei Menschen, von denen er weiß, daß sie ihm helfen können)dem, an das er sich klammern kann. Das ist ein Mensch, der in sich gefestigt ist, und der klar durch- und überschaut, was ihm entgegen kommt, man nennt ihn gebildet. Und jedes Wort aus seinem Munde ist dem Hilfe Suchenden_ wichtig und wird gedeutet. Es erwächst so auch für den Gebildeten die Pflicht, seine Worte und Urteile zu prüfen.

Um aber einem anderen raten zu können, ist es nötig, über den Dingen zu stehen. Der Mensch muß in seinem Inneren unabhängig sein. Sein eigenes „Selbst" hat dann in ihm ein Leben und bildet eine Welt für sich.

Die Bildung verschafft dem Menschen eine hohe Erkenntnisfähigkeit. Dadurch, daß in ihm diese Erkenntnisse zusammenkommen, besitzt er bald ein hohes Maß an Wissen. Dieses Wissen befähigt ihn dazu, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Er ist also nicht mehr abhängig von den Meinungen anderer Menschen, sondern jetzt besitzt er die Urteilsfreiheit.

Wahre Freiheit besteht nicht in der Willkür des Handelns, sondern sie besteht in der Unabhängigkeit und Selbständigkeit des inneren geistigen Strebens, in der Festigkeit des inneren „Selbst". Mit dieser Selbständigkeit ist die Bildung eng verbunden. unklarer A. etwa: mit ihrer Hilfe ist das „Selbst" (der überflüssige Satz fehlt im Entwurf)So ist es im Menschen allmählich stark geworden. Nun kann sein Geist ungehemmt den hohen Flug nach kühnen Erkenntnissen wagen. Er ist frei und kann fliegen, A. besser: wohinwo er will.

Wenn er vorher gehemmt war durch einen Schleier, der ihm die Einsicht in eine A. nicht die Welt ist erkenntnisvoll, sondern die erkennende Persönlichkeit. Richtiger wäre: Welt voller Rätselerkenntnisvolle Welt verbarg; so hat die Bildung den Schleier aufgehoben und ein reineres Leben ihm vor Augen gestellt.

Vf. hat sich an das Thema gewagt, zu dem ihn zwar sein Herz zog (er strebt vor allem mit seinem Gefühl nach Bildungswerten), zu dessen Bearbeitung aber seine Denkbegabung nur eben ausreicht. Infolgedessen bringt er zwar einige richtige Erkenntnisse über das Wesen der Bildung, auch über ihre Pflichten und die Freiheit, die sie schenkt, aber es sind mehr lose aneinandergereihten Gedanken als ein klarer Gedankenfluß.

Die Schwerfälligkeit des Denkens zeigt sich auch im Ausdruck, der mehrfach ernste Mängel aufweist, allerdings sich von Phrasen und Schwülstigkeiten auch frei hält. Die „Feilung" am Ausdruck auf dem Weg vom Entwurf zur Reinschrift verrät dieselbe Mühe. Fast immer war die erste Formulierung des Entwurfs die bessere.

Trotz dieser Mängel kann die von ernstem Nachdenken und innerer Anteilnahme am Thema zeugende Arbeit als

ausreichend

bewertet werden.

Die Klassenleistungen waren ausreichend.

17.2.41