DKG (Köln)

Gesamtbeurteilung des Sonderlehrgangs D

Kursus D

Dreizehn Teilnehmer zählt der letzte Abiturientenkursus des Dreikönigsgymnasiums. Das Gesamtbild dieser Klasse ist ansprechend und erfreulich. Es herrscht das gleiche Streben, dieselbe Besinnlichkeit, die zähe Entschlossenheit mit der Not fertigzuwerden, vor, wie beim ersten Abiturientenkursus. Bezeichnend ist es, daß die Mehrzahl der Schüler philosophischen Fragen ein besonderes Interesse entgegenbringt, das weitaus größer ist als es früher üblich war. Die Lebensbedingungen fast aller Teilnehmer sind mehr oder weniger hart, der Ernst ihrer Zukunft drängt sie dazu, ihre Bildung möglichst vielseitig und tief auszuweiten. Alle ohne Ausnahme möchten ein akademisches Studium ergreifen. Die Befähigung dazu wird man keinem von ihnen abstreiten können; ob sich aber die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht als stärker erweisen werden, wird die Zukunft lehren.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs D

1.) Der Mensch, ein Kind der Zeit, ein Herr der Zeit.

2.) Die tiefsten Wirkungen sind den Toten vorbehalten (Gorch Fock).

3.) Was erschwert uns den Glauben an die Zukunft unserer Vaterstadt, was hält ihn aufrecht?

Erläuterung zu 2) a) Die Lösung in der Form einer feierlichen Ansprache oder c) einer Abhandlung steht zur Wahl.


Beurteilung

Schüler E., Werner

stammt aus wohlhabender Familie. Sein Vater war ein angesehener Notar Kölns, der mit zwei Töchtern einem Fliegerangriff zum Opfer fiel. In die ganz andersartigen heutigen Verhältnisse seiner Familie hat er sich gut hineingefunden; woran er noch leidet, ist ein gewisser Mangel an Konzentrationsfähigkeit, eine Folge des Zusammenlebens mit größeren Massen auf engem Raum in amerikanischer und englischer Gefangenschaft. Seine deutsche Ausdrucksfähigkeit könnte flüssiger, seine Auffassung schwieriger Satzkonstruktionen in den alten Sprachen noch beweglicher werden. Infolge seines Strebens ist aber Besserung auf diesen Gebieten von Woche zu Woche festzustellen. Die politischen Verhältnisse in England und Amerika haben seine Aufmerksamkeit wachgerufen, und politischen Fragen widmet er heute gerne seine Freizeit. Das Studium der Rechtswissenschaft, das er ergreifen möchte, würde ihm, so glaubt er, am ehesten den Weg freimachen zu späterer politischer Betätigung.

Lebenslauf

Ich bitte um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1948.

Ich wurde am 8. April 1926 als Sohn der Eheleute Adolf E. und Therese geb. J. geboren. Mein Geburtsort ist Bedburg, ein Landstädtchen in der Erftniederung. Nach dem Weltkrieg hatte mein Vater dort seine Tätigkeit als Notar begonnen. Im Gegensatz zu meinen drei älteren Geschwistern weiß ich mich unseres ländlichen Aufenthaltes nicht mehr zu erinnern, fiel er doch in meine beiden ersten Lebensjahre. 1928 erlangte mein Vater eine Amtspraxis in Köln, was einen Umzug unserer Familie eben dorthin mit sich brachte. Vier Jahre lang wohnten wir in Köln-Lindenthal. In diese Zeit hinein reichen meine ersten Erinnerungen. Es fällt mir schwer eine glücklichere Zeit der Kindheit auszudenken, als ich sie unter der Obhut meiner Eltern und im Kreise meiner Geschwister verbrachte. Als fünftes Kind trat hier noch ein Schwesterchen hinzu. Außer den Eltern verdanke ich der Großmutter die tiefsten Kindheitseindrücke. Gern hockte ich an einer Seite ihres Lehnstuhles und ließ mir aus den Erinnerungen ihres Lebens und aus ihrem umfangreichen Märchenschatz erzählen und mich in die biblischen Geschichten einführen. Ich war ihr besonders zugetan, da sie allein standhielt, wenn ich meiner Wißbegierde freien Lauf ließ. Heute noch sagt man mir in der Familie nach, die Menge und Art meiner Fragen habe jemand von durchschnittlicher Geduld in Ärger oder Verlegenheit bringen können. Große Erleichterung empfanden meine Eltern, als mein Wissensdurst mit dem Eintritt in die Schule in normale Bahnen gelenkt wurde. Dies geschah Ostern 1932 nach einer Wohnungsverlegung in die Altstadt. Hier in der Volksschule Klingelpütz - der Umstand, daß das nahegelegene Gefängnis den gleichen Namen führt, trug uns von den Kindern anderer Schulen manch harmlosen Spott zu - wurde ich in die Geheimnisse des Lesens, Schreibens und Rechnens eingeführt. Erstmalig wandte ich die neu erworbene Lesekunst am „Robinson Crusoe" an. Die Freude, die mir dieses Buch bereitete, verleitete mich zu den Bänden Karl Mays zu greifen, deren Inhalt ich mit einer meiner damaligen Lesefertigkeit nicht entsprechenden Schnelligkeit in mich aufnahm. Entsprechend der Menge der gelesenen Stoffe stiegen allmählich die Ansprüche und noch heute ist mir ein wertvolles Buch der liebste Gegenstand der Unterhaltung. In einer Hinsicht drohte mir damals durch die Leselust eine Gefahr. Unsere derzeitige Obrigkeit erlaubte sich nämlich, uns ihr „Offiziellen[=?] Programm" täglich ins Haus zu schicken. Die darin enthaltenen Parolen von Gleichberechtigung, Freiheit, Lebensraum und dergleichen mehr klangen in meinen Ohren recht anziehend und verständlich, war doch die Art und Weise der Ideenverbreitung auf der Leichtgläubigkeit und Begeisterungsfähigkeit der Jugend aufgebaut. Viel Mühe verwendete mein Vater daran, mir die Verderblichkeit dieser Geisteshaltung aufzudecken. - Erst in der Zeit, während der ich als Folge des Krieges fern vom Elternhaus lebte, wurde mir klar, wie viel ein glückliches Familienleben dazu beiträgt, schlechte Einflüsse der Außenwelt vom Kind abzuhalten. Findet es zu Hause die Erfüllung seiner Neigungen und Wünsche, so braucht es sich nicht nach dem umzuschauen, was die Straße zu bieten hat. Die einzige wohlgefügte Gemeinschaft, der ich sonst jemals angehörte, war der Neudeutsche Bund. Wenn ich der Bursa Tricononata nur kurze Zeit, vom Eintritt ins Dreikönigsgymnasium bis zu ihrer gewaltsamen Auflösung im Jahre 1939, angehörte, so behaupte ich doch, daß in diesen drei Jahren ein Schimmer des N.D. Ideals meiner Entwicklung beeinflußt hat. Später gelang es mit List und Tücke, die Zwangsverbände der Staatsjugend zu meiden. Meine persönliche Tätigkeit lag auch, außer dem Lesen, in der Beschäftigung mit den Naturwissenschaften, insbesondere der Chemie. Jeder Pfennig, den ich geschenkt erhielt oder selbst durch kleine Besorgungen verdiente, wurde zur Ausstattung meines kleinen chemischen Laboratoriums verwandt. Die Stunden, die ich mit der Herstellung von Schwarzpulver, Schwefelwasserstoff oder mit anderen die Sinne reizenden Experimenten verbrachte, waren mir hinreichende Entschädigung für die Vergnügen, die meine finanziellen Verhältnisse unter Beibehaltung der chemischen Versuche nicht erlaubten. - Im gleichförmigen Schulleben bedeuteten die Ferien immer eine willkommene Abwechslung. Durch die Arbeit auf dem Bauernhof eines Onkels erhielt ich eine Ahnung von den andersgearteten Problemen und der dadurch bedingten Denkweise des Bauernstandes. In späteren Jahren unternahmen wir verschiedene Reisen nach Süddeutschland, durch die ich die Erhabenheit der Gebirgswelt und die Schönheit mancher bedeutender Kunstwerke kennenlernte.

Als dreizehnjähriger Junge erlebte ich den Ausbruch des Krieges. Die unmittelbaren Folgen für mein persönliches Leben waren geringfügig. Doch allmählich entstand ein völlig neues Bewußtsein der eigenen Lage. Die Bindung durch Schule und Elternhaus erschien mehr und mehr als Fessel, welche die persönliche Freiheit einengte. Hieraus erwuchs der heiße Wunsch, der altgewohnten Umgebung zu entfliehen und, wie meine älteren Freunde, Soldat zu werden. Wie sie, so wollte auch ich dort stehen, wo allein der Mann, ein solcher verlangte es mich sehnlich zu werden, noch etwas wert sein sollte. Die weit verbreitete Siegeszuversicht der ersten Kriegsjahre verstärkte nur noch die Geisteshaltung, die für uns Jungen damals typisch war. Im Jahre 1943, nachdem sich das Kriegsglück bereits gewendet hatte, wurde mein Wunsch erfüllt. Unsere Klasse trat in den Dienst der Luftwaffe. Das Bewußtsein an der Verteidigung der Heimatstadt beteiligt zu sein, trug zur Hebung meines Selbstvertrauens bei und ließ mich die Nachteile der neuen Lage übersehen. Hierzu gehörte in erster Hinsicht die folgenschwere Unterbrechung meiner Ausbildung. Nachdem ich erst kurz zuvor gelernt hatte, intensiv geistig zu arbeiten, sank nun der Unterricht im denkbar ungünstigsten Zeitpunkt zu ziemlicher Bedeutungslosigkeit herab. Nach Absolvierung der achtjährigen Schulzeit erzielt ich im Februar 1944 den Reifevermerk. Meine Entlassung von der Flak fand wenige Wochen später statt. Nach zweitägigem Zivilleben winkte mir der nächste Uniformrock. Schwerlich hätte man drei Monate meiner Jugendzeit auf sinnlosere Art unter dem Vorwand des Dienstes am Vaterland rauben können. Meine Tätigkeit als Arbeitsmann bestand darin, beim Bau von Luftschutzgräben in einer ländlichen Gegend, wo keine solche Erfordernis bestand, mit Hand anzulegen. Die als Hauptzweck unseres dortigen Aufenthaltes erwachtete politische Schulung scheiterte bereits daran, daß sie von Menschen minderwertigen Charakters versucht wurde. Während der wenigen Wochen zwischen Arbeitsdienst- und Militärdienstzeit genoß ich endlich die Vorzüge häuslichen Lebens in vollem Bewußtsein. Meine infanteristische Ausbildung fand in Dänemark statt. Hier erreichte mich im Oktober gleichen Jahres die Nachricht vom Tode des Vaters und zweier Schwestern, die einem feindlichen Fliegerangriff zum Opfer gefallen waren. Nun entstand mir die Verpflichtung, meiner Mutter bei der Überwindung ihres tiefen Schmerzes zur Seite zu stehen. Militärische Notwendigkeiten jedoch erlaubten mir, nur wenige Wochen bei meinen Angehörigen zu verweilen. Noch in der Ausbildung begriffen, geriet ich am Karsamstag 1945 in Westfalen, wohin ich eben versetzt worden war, nach kurzer Feindberührung in Gefangenschaft. Wenn ich auch von den Folgen des nun schon längst als verwerflich erkannten Krieges nicht unverschont blieb, so glaubte ich doch in seiner Beendigung eine Wendung zum Guten hin zu erkennen. Die Gedankenfreiheit, die ich jetzt erstmalig genoß, war mir eine teilweise Entschädigung für das graue Leben hinter dem Stacheldraht. Die vierzehn Monate, während der ich um das ungewisse Schicksal meiner Angehörigen bangte, wurden zu einer nervenaufreibenden Zeit. Unbeschreibliche Erleichterung und Freude bereitete mir der erste Brief aus der Heimat. Den zwei und einhalb Jahren, die ich in den USA und Großbritannien verbrachte, verdanke ich eine wesentliche Erweiterung meines geistigen Blickfeldes. Besonders in England hatte ich über die allgemeinen Möglichkeiten der Kriegsgefangenen hinaus Gelegenheit, das englische Volk und seine Lebensweise kennen zu lernen und zwar objektiver als es uns hier möglich ist. Mein politisches Interesse erfuhr einen Aufschwung durch entsprechende Vorträge und Literatur, zu denen es mir gelang, Zutritt zu erlangen. Im übrigen wirkte sich jedoch der Mangel an geistigen Betätigungsmöglichkeiten in einer Hemmung der intellektuellen Entwicklung aus, sie sich z.B. durch das Nachlassen von Konzentrationskraft und Gedächtnisschwund bemerkbar machte. Das ständige Zusammenleben mit den gleichen Menschen, eine zweite Eigentümlichkeit der Kriegsgefangenschaft, und die sich hieraus ergebende Gefahr der Vermassung ließ in mir die Achtung der Persönlichkeitswerte ansteigen. Die sehnlich erwartete Heimkehr wurde im Juli dieses Jahres Wirklichkeit. Zu meiner großen Freude traf ich die Mutter und die beiden Geschwister wohlbehalten an. Neben der materiellen Not erschütterte mich insbesondere die daraus herzuleitende Verschiebung der allgemeinen Wertmaßstäbe. Nur wenige Menschen erkennen, daß wir die Wege, die ins Elend geführten, aufgeben und stattdessen wieder die Gerechtigkeit zur bestimmenden Macht unseres Landes machen müssen, wenn unseren Kindern die Möglichkeit einer sinnvollen Lebensführung geboten werden soll. - Da die während des Krieges erworbene Reife als nicht mehr ausreichend zum Hochschulstudium gilt, ergab sich die Notwendigkeit der Rückkehr auf die Schulbank. Wie mit den übrigen Schwierigkeiten bei der Wiedergewöhnung ans bürgerliche Leben, so hoffe ich auch mit diesem Hemmnis fertig zu werden. Ich glaube der Veranlagung und Neigung zu folgen, wenn ich, gemäß dem Wunsche meines Vaters, die Rechtswissenschaft zum Gegenstand meines Studiums wählte.

Abituraufsatz

Reifeprüfung im Ostertermin 1948

Deutscher Prüfungsaufsatz Köln, den 2. Febr. 1948

Was erschwert uns den Glauben an die Zukunft unserer Vaterstadt, was hält ihn aufrecht?

Wenn ich auch nicht den Anspruch erhebe „'ne ahle kölsche Jung" zu sein, so be-trachte ich mich doch auf Grund meines langjährigen Aufenthaltes in dieser Stadt und infolge der bestimmenden Einflüsse, die ich von ihr T(besser Perf.)erfuhr , als eines ihrer geistigen Kinder. Allmählich T(besser Perf.)wurde mir ihr Geschick eine Herzensangelegenheit. Die schweren Stunden, die Köln im Kriege erlebte, und die schrecklichen Stunden, die aus ihnen herrühren, erfüllen einen jeden Kölner mit ernster Sorge um das künftige Schicksal seiner Vaterstadt.

Die Zerstörungen der letzten Jahre sollten uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Blütezeit Kölns mehrere Jahrhunderte zurückliegt. Der bedeutende Klang Z_ den sein Name zeitweilig in ganz Europa besaß, beruhte auf dem zwei-fachen Charakter der Stadt Z, als Gr. (besser Genitivkirchlich-kultureller und wirtschaflicher Mittelpunkt des westlichen Reichshälfte. Der Niedergang der Hanse versetzte ihr den ersten schweren Schlag. Die Vertreibung des Erzbischofs nimmt der Stadt ihre A(besser) kirchenorganisat.kirchlich-organisatorische Bedeutung, was sich nach dem Beginn des wirtschaftlichen Niederganges verhängnisvoll auswirkt. In staatsrechtlicher Hinsicht sinkt die einst bedeutende RReichstadt zum Sitz eines Regierungspräsidenten in we-nigen Jahrhunderten herab. Die Industrialisierung des 19. Jahrhunderts führt zu einer zweiten Blüteperiode, deren Höhepunkt mit dem Ausbruch des ersten Welt-krieges zusammenfällt. Der Substanzverlust, den die Stadt im vergangenen Krieg an kulturellen und materiellen Werten T(besser Perf.)erlitt , ist der schwerste Schlag ihrer ganzen, fast 2000-jährigen Geschichte. Bei eingehender Überlegung Z, wird es klar, daß die künftigen Geschicke unserer Stadt nicht allein innerhalb ihrer Tore beschlossen werden. Ihr Dasein (als eine Zusam-menballung von mehrerenh hunderttausend Menschen auf einigen Quadratkilome-tern) wird A(schärfer): aus der Ver[.?.]tenheit ihrer Lebensbedingungen.durch das Zusammenwirken mit ihrer engeren und weiteren Umgebung verständ-lich. Die Beziehungen zu ihrem Hinterland erlitten durch das Aufkommen großer [..?..]städte eine gewaltige Einbuße. Köln verdankte seine Blüte weniger der Ei-generzeugung als dem Handel. Die Entwicklung des modernen Verkehrs hat den Handel stark dezentralisiert und zur Gründung von Markt- und Umschlagsplätzen auf dem flachen Lande geführt. Diese Gegenden wurden dadurch von Köln immer unabhängiger, wogegen unsere Vaterstadt in wirtschaftliche Schwierigkeiten ge-riet. Die Teilung des Rheinlands durch die Zonengrenzen wirkt sich für die rheini-sche Metropole wie die Lahmlegung eines Lungenflügels beim Menschen aus. Unsere Stadt muß sich dem modernen Gr.-sVerkehr- und Wirtschafts-verhältnissen anpassen. Unsere Zukunft wird mehr denn je in der Industrie be-gründet sein. Die Produktionsleistung der Stadt hat durch die Bombenschäden gewaltige Rückschläge erfahren. Zudem ist uns die Ausnutzung der nahe gelege-nen Braunkohle nur zu einem geringen Teil gestattet. Wir sind daher auf fremde Rohstoffe angewiesen, die wir mit der Arbeitskraft unserer Stadt veredeln müssen. Hiermit rücken wir dem Problem der Wohnungsnot näher. Nach der Zerstörung von 60 % des vorhandenen Wohnraumes kehrten 200.000 Kölner nach Beendi-gung des Kriegs nicht mehr in ihre Heimatstadt zurück. Der Mangel an Arbeitskräf-ten, Produktionsstätten und Büroräumen führte zur Abwanderung großer Industrie- und Handelsunternehmungen Z_ insbesondere nach Düsseldorf, das schon seit langem Köln den Rang als Mittelpunkt des Rheinlands streitig zu ma-chen versucht. A(unlogisch!)Trotz der großen Schäden unserer Stadt scheint ihr berechtigter Anspruch auf die Rolle der Landeshauptstadt nicht genü-gend betont worden zu sein. Erfreulich ist die Tatsache der Errichtung des obers-ten Gerichtshofes der Doppelzone in Köln zu bewerten. Sollten die politischen Umstände zur Bildung eines Westdeutschen Staates führen, - dieses entspricht nicht dem freien Wunsch des deutschen Volkes - so könnte Köln die Aufgabe Leipzigs als Sitz des Reichsgerichtes übernehmen. - Die Bemühungen wirtschaft-liche Unternehmungen, durch ihre Privatinitiative der Not entgegenzutreten, schei-tern oft an dem Widerstand beengender Gedankenordnung! Gehört in die Zusg. auf S.2!Verordnungen . Andere Städte haben durch eine freie Aufbau-planung wesentlich bessere Erfolge erzielt als Köln. Alle Kölner sind darin einig, daß die Trümmer der Stadt wieder eine Gestalt annehmen müssen. Ich versuche darzulegen, daß ein industrieller Aufschwung hier zu Vorbedingung ist. An der Art und Weise des Aufbaus scheiden sich die Geister. Die Konservativen denken beim Wiederaufbau an die Nachahmung der alten Formen. Sie vergessen, daß der Stil des alten Kölns nicht aus rein ästhetischen Empfindungen, sondern vor allem A(schief)von der Zweckmäßigkeit der damaligen Zeit geboren wurde. Die modernen Erkenntnisse der Bautechnik müssen schon deshalb ange-wandt werden, weil im Konkurrenzkampf der Städte nur die rationellen Einrichtun-gen sich durchsetzen können. Als nachgeschaffenes Museumsstück des Spätmit-telalter wird Köln wohl kaum die zu seiner Erhaltung notwendigen Fremdenverkehr anziehen können. Den vergangenheitsverbundenen Aufbauideen liegt eine poli-ti[..?.] zu Grunde. Die Liebe zu ihrer Stadt hat von jeher die Kölner ausgezeichnet. Viele von ihnen, denen die Fremde oft bessere Lebensmöglichkeiten bot, fanden keine Ruhe Z_ bis sie nach Beendigung des Krieges zurückkehren konn-ten. Hier leben sie nun in Baracken, Dachkammern, primitiven Wohnungsräumen und Kellerlöchern. Die Erinnerung an das alte Köln und ihr fester Aufbauwille gibt ihnen die Kraft, die Not der Gegenwart zu überwinden. Was ist aus ihrem glückli-cheren Tagen übriggeblieben? Was hat die Stürme des Krieges am besten über-dauert? Über die Trümmer der Stadt erheben sich in alter Majestät die Türme un-seres Domes, der uns als ein Symbol des Ewigen erscheint. Noch gewaltiger wirkt er jetzt, da seine Umgebung in Formlosigkeit versunken ist. Wir sahen es nicht als einen Zufall an, daß gerade dieses Bauwerk die Jahrhunderte überdauert hat. Zu den materiellen Voraussetzungen_ und menschlichen Bedingungen, die A(klarer): durch ausgeprägte H....gekennzeichnet sind,...sich in einer starken Heimatliebe und im Lebensoptimismus zusammenfassen lassen, muß die geistige Haltung hinzutreten, die solche [..?..] erstehen ließ, damit wir in eine glückliche Zukunft unser Vaterstadt vorausblicken können.

Verf. behandelt mit guter Sachkenntnis, nüchtern und phrasenlos einige Grundfragen wirtschaftlicher Bedingungen, Schwierigkeiten und Möglichkeiten. Die Gedankenführung könnte hier und da bestimmter sein, doch bleibt der rote Faden erkennbar und der Bezug aufs Thema zumindest immanent gewahrt. In-dem Verf. die von ihm aufgezeigte wirtschaftliche Wirklichkeit in eine höhere geis-tige Ordnung hineinstellt (S. 4), gibt er seinen Ausführungen eine schöne Steige-rung und Abrundung. Die sachliche und wahrhaftige Sprachgestaltung gibt nur zu geringfügigen Ausstellungen Anlaß.

Befriedigend.

Schriftl. Kl.-Lstg.: genügend.

Köln, d. 20. Febr. 1948.