DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1931 (Realgymnasium)

1.) Öffentliche Plätze in Köln

2.) Was interessiert mich auf Reisen besonders?

3.) Die Geschichte eines Wasserstoffatoms

4.) Alltagspflichten gegen die Gemeinschaft


Beurteilung

Oberprimaner R., Otto.

Regelmässig versetzt. War im letzten Jahr durch langwierige Ohrentzündung behindert. Sehr lebhafte, bewegliche, mannigfach interessierte Persönlichkeit von bemerkenswerter Selbständigkeit, aber nicht gleichwertiger Gründlichkeit und Tiefe. Dadurch ist auch eine gewisse Ungleichmässigkeit seiner Kenntnisse bedingt, so dass die Leistungen in seinen Neigungsfächern Französisch und Englisch zwischen gut und genügend schwankten. Durch umfangreiche deutsche und fremdsprachliche Lektüre sowie mehrfachen Aufenthalt in Belgien hat er seinen Gesichtskreis über den rein schulmässigen Rahmen erweitert. Er ist Mitglied der Schülerruderriege, guter Steuermann und Hockeyspieler.

Lebenslauf

Den Prüfungsausschuß am Staatlichen Dreikönigsrealgymnasium bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung zum Ostertermin 1931.

Ich wurde am 11. Januar 1912 zu Köln geboren und trat Ostern 1918 in die städtische mittlere Knabenschule II ein. Nach vierjährigen Besuch verließ ich diese Schule und wurde zu Ostern 1922 an der hiesigen Anstalt in die Sexta aufgenommen. Bei der Versetzung nach Untertertia entschied ich mich für den realgymnasialen Zweig. Bis zum Herbst 1926 besuchte ich die Schule, weil ich dazu gezwungen war. Ich lernte nur das Notwendigste, denn ich konnte mir nicht denken, wie ich das Gelernte einmal ausnutzen könnte. Da sah ich in den Ferien, die ich in Belgien verbrachte, ein, daß es gut ist, wenn man zumindest doch französische Vokabeln lernt, die mir vorher ganz überflüssig schienen. Doch erst in Obersekunda wurde ich mir voll bewußt, daß ich für mich selbst lernte. Hatten mich in Unter- und Mittelstufe nur Erd- und Naturkunde interessiert, so wandte ich mich jetzt dem Englischen und Französischen zu. In den Herbstferien, die ich meist in Belgien verbringe, hatte ich stets reichlich Gelegenheit, das Gelernte zu verwerten. Wenn ich so von Jahr zu Jahr Fortschritte sah, faßte ich immer mehr Mut und fand immer mehr Freude an der Arbeit. Diese Arbeitsfreude verbreitete sich auf andere Gebiete. Durch die unregelmäßige Lektüre französischer Zeitungen kam ich auf unsere deutschen Blätter zurück, in denen ich bisher nur das Sportblatt und die Unfallchronik gelesen hatte. Ich verfolgte nun die politischen Ereignisse, ohne mich noch auf eine bestimmte Seite zu stellen. Daneben las ich Romane und Novellen moderner Schriftsteller, wie Tolstoi, Zola, Molo, Buleke, Paquet, Ponten und andere. Das war in der Zeit der Obersekunda. In Unterprima tauchten zwei neue Fächer auf. Das Erste war die spanische Arbeitsgemeinschaft, die leider nach einem Jahr wieder fortfiel. Das Andere war der chemische Unterricht, für den ich mich sehr interessierte, da dieser Unterricht so sehr mit der Wirklichkeit verbunden ist. Immer breiter wurde mein Betätigungsfeld. Ich fand an allem Interesse. Daher kommt es auch, daß ich manches anfing und nicht ganz durcharbeitete, weil immer Neues auf mich eindrang. Diesen überhasteten Entwicklungsgang mußte ich einmal bremsen. Ich tat dies, als ich mich nach der Versetzung nach Oberprima in der Berufswahl endgültig für das Baugewerbe entschloß. Zwar beschäftigte ich mich noch gerne mit meinen Lieblingsfächern Englisch und Französisch. Ich las weiter französische Zeitungen und Dadet's: Tartarins Abenteuer und Tartarin in den Alpen. Im Englischen beschäftigte ich mich eingehend mit Shaws Dramen, las zu seinem Verständnis Ibsens Stützen der Gesellschaft und las zum Vergleich einige Dramen Galsworthys. Daneben aber begann ich, mich für meinen späteren Beruf auszubilden. Ich zeichnete in meiner freien Zeit und wandte mich den Naturwissenschaften und der Mathematik zu. Um mich im politischen und wirtschaftlich-sozialen Leben zurechtzufinden, lese ich schon seit längerer Zeit verschieden gerichtete Zeitungen und Zeitschriften. Einen großen Teil meiner freien Zeit verbringe ich auf dem Sportplatz, in der Schwimmbahn oder im Ruderboot, denn im Sport suche ich noch nach der Art, die mir am besten zusagt.

Als zweite Fremdsprache für die schriftliche Prüfung bezeichne ich: Englisch.

Als Wahlfach für die mündliche Prüfung bezeichne ich ebenfalls: Englisch.

Nach beendigtem Studium beabsichtige ich Bauingenieur zu werden.

Auf dem Reifezeugnis bitte ich mein Religionsbekenntnis zu vermerken.