DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1941

1.) Bildung verpflichtet und Bildung macht frei.

2.) Durch welche Mittel lassen sich die sozialen Unterschiede und Gegensätze in der Volksgemeinschaft mildern?

3.) Organisation und Betrieb eines heutigen Zeitungsverlages (dargestellt auf Grund einer Besichtigung des Westdeutschen Beobachters).


Beurteilung

Schüler S., Wilhelm

S. ist ein bescheidener junger Mensch, der nicht leicht einen Einblick in sein Denken und Empfinden gestattet. Doch liegt dies weniger an einer gewollten Verschlossenheit als an seiner besinnlichen Art, allen Dingen, die an ihn herantraten oder herangetragen werden, nachempfindend und weiterforschend nachzugehen. Hierzu befähigt ihn mehr als seine sämtlichen Mitschüler ein scharfes Denkvermögen. Seine besten Leistungen erreichte er daher in der Mathematik und im Deutschen. Hier gab ihm eine Jahresarbeit (Drama) Gelegenheit, bedeutende sprachlich-künstlerische Begabung zu zeigen. Doch bewies er eine erfreuliche Aufgeschlossenheit auch für die naturwissenschaftlichen Fächer und die alten Sprachen, namentlich für das Weiterleben der Antike in der Kultur der Gegenwart.

Seiner körperliche Konstitution ist wohl zuzuschreiben, daß er, abgesehen vom Schwimmen (Fahrtenschwimmer), im Turnen und Sport weniger leistete und daß auch in der H.J., der er seit 1934 angehört, weniger die sportliche Betätigung als die Möglichkeit zur Erweiterung seines Gesichtskreises ihn fesselte.

Lebenslauf

Den Herrn Direktor des Staatlichen Dreikönigsgymnasiums bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung Ostern 1941.

Am 14. Februar 1923 kam ich in Köln zur Welt. Helene Amalie S. geb. H. und Heinrich S., heute Versandleiter, sind Mutter und Vater. Mit mir wuchs mein fünfzehn Monate älterer Bruder auf, der als Kriegsfreiwilliger im verflossenen Sommer fiel. Mit sechs Jahren wurde ich Volksschüler. Nach vier Schuljahren trat ich in die Sexta des Dreikönigsgymnasiums ein, denen Klassen ich nun Stufe um Stufe erstieg. Eröffnete sich mir auch schon in den letzten Volksschuljahren das tiefe, fordernde Wesen der Welt- und ihres Schöpfers, so trug das Gymnasium nun Stück um Stück des Weltbildes an mich heran. Der Blick in die Wirklichkeit weitete sich im Jungvolk der Hitler-Jugend, in das ich 1934 eintrat. Indem ich vier Jahre lang dem Kölner Domchor angehörte, wuchs mit der Verbindung zur Musik zugleich das Verhältnis zu den anderen Künsten. Und da mir so vieles gekommen war, strebte ich bald selbst zu ordnen; den Gegensätzen suchte ich das übergeordnete Band zu finden. Es halfen die Gedanken und Empfindungswellen, die der Deutschunterricht und eigenes Weiterschauen erschloß, gestalten. Indem ich für Deutsch, das mir auch Wahlfach bei der Prüfung sein soll, eine Jahresarbeit zu schreiben begann, sprengte ich den Rahmen einer im Hören und Lernen aufgehenden Schülers. Wie die deutsche Geistesspanne erfuhr ich auch die entströmende, weiterwirkende Kraft des Griechentums; und beider Kräfte Tiefstes sagen mir die Werke ihrer Dichter, Bildner und Musiker. So werde ich, wenn ich studiere, jene Kulturkreise mir eröffnen, mich zu formen und andere. Ich hoffe auf die Zukunft: ihr ist die Aufgabe gestellt, der Welt, wenn ihr die neue Ordnung siegreich erstand, die Tiefe und innere Gebundenheit ihrer Wesens zu weisen.

Beruf: Schriftleiter.

Ich bitte um einen Vermerk über mein religiöses Bekenntnis.