DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1931 (Gymnasium)

1.) Die Maschine als dienende Kraft oder als beherrschende Macht

2.) Was bedeutet Goethe mir und den Menschen meines Lebenskreises? (Als Aufgabe zum 100. Todestag am 22. März 1932 gedacht.)

3.) Was ich an Erbgut von meinen Vorfahren besitze. (Zur Einführung dient das Gedicht von Ludwig Finck: „Der Urahn“.)

4.) Sportkämpfer oder Sportplatzzuschauer? Zur Psychologie der Sportbegeisterung.


Beurteilung

Oberprimaner K., Ludwig.

Ein nicht leicht zu beurteilender Schüler, dessen intellektuelle Begabung hinter der künstlerischen zurücktritt. Seine Leistungen sind im allgemeinen genügend, wobei zu berücksichtigen ist, dass die häuslichen Verhältnisse ein geruhsames Vorbereiten und Erarbeiten erschweren. Oft flüchtet sich der Schüler, der, wie er angibt, gerne Theologie studieren möchte, seinen Plan aber gegen den Willen der dissidentischen Eltern nicht durchführen zu können behauptet, auf die Orgelbühnen Kölner Kirchen, um im Spiel Vergessen und Ruhe zu finden. In diesem häuslichen Zwiespalt mag auch die etwas zaghafte, fast scheue Art des Jungen begründet sein, seine Zurückhaltung von den Mitschülern und sein Hang zur Einsamkeit. Auf Ausflügen meidet er nach Möglichkeit die Gruppen der Kameraden und wandert am liebsten selbander [sic!] mit seinem Lehrer. Gleichwohl besteht kein Gegensatz zwischen ihm und der Klasse. Er wird keineswegs gemieden, eben weil er ein durchaus ehrenhafter Charakter ist.

Lebenslauf

Den Prüfungsausschuß am Staatlichen Dreikönigsgymnasium zu Köln bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1930/31.

Ich, Ludwig K., Sohn des Regierungsmedizinalrates, Augenarzt Dr. med. T. K., bin geboren am 27. Dezember 1912 in Aachen. Ich bin katholischen Bekenntnisses.

Von April 1919 bis Weihnachten 1920 besuchte ich die Vorschule des Staatlichen Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums zu Aachen und von Januar 1921 bis April 1922 die Städtische Mittlere Knabenschule II in Köln. Ab Ostern 1922 war ich bis heute Schüler des Staatlichen Dreikönigsgymnasiums zu Köln.

Ich kann mich kaum noch der Zeit vor meinem ersten Schulgang erinnern. Aus der ersten Schulzeit weiß ich noch, daß mein Vater mich immer anhielt, mehr zu lesen. Wenn ich nur gewußt hätte, was! Meine Erzieherin gab mir nur Märchenbücher. Ich empfand daher eine Abneigung gegen das Lesen. Erst als mein Vater mir zum zwölften Geburtstag Gustav Frenssens Buch "Peter Maars Fahrt nach Südwest" schenkte, erwachte in mir die Lust zum Lesen. Ich habe seitdem ziemlich viel gelesen. Am besten hat mir Goethes "Wilhelm Meister" gefallen. In den letzten Jahren habe ich hauptsächlich musikwissenschaftliche Werke gelesen. Seit meinem zwölften Lebensjahr spüre ich nämlich eine besondere Neigung zur Musik. Ich habe sehr viel Zeit darauf verwendet, Klavier und Orgel spielen zu lernen. Die erste Anleitung zum Erlernen des Klavierspiels erhielt ich von meinen Eltern. Ein Kölner Organist machte mich mit den Grundlagen des Orgelspiels und der Harmonielehre vertraut. Auf Grund dieser Anleitungen bildete ich mich selbst weiter aus. Besonders beschäftigte mich die Frage, wie überhaupt der Ton bei den verschiedenen Instrumenten entsteht und wodurch die verschiedenen Klangfarben zu erklären sind. Da mir die Kirchenmusik am meisten zusagt, habe ich mich zunächst gründlich mit dem Orgelbau befaßt.

Mein Wunsch, nach bestandener Reifeprüfung Theologie und Musik zu studieren, wurde schon bei meiner Versetzung in die Untersekunda von meinen Eltern abgelehnt. Die Enttäuschung hat mich sehr gedrückt und sie ist auch die Ursache dafür, daß ich in sämtlichen Schulfächern nur geringe Leistungen zu verzeichnen habe. Meine Lieblingsfächer an der Schule waren Musik, Religion, Latein und Naturwissenschaft. Ich habe anderthalb Jahre am wahlfreien englischen Unterricht teilgenommen. Seit drei Jahren bin ich Mitglied des Schülerorchesters.

Nach bestandener Reifeprüfung gedenke ich Pharmazie zu studieren. Als Wahlfach für die Reifeprüfung habe ich Musik gewählt.

Ich bitte auf dem Reifezeugnis mein Religionsbekenntnis zu vermerken.