DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1941

1.) Der deutsch-engl. Gegensatz - worauf beruht er, worin besteht er?

2.) Anpassung ist notwendig, Anpassung ist gefährlich.

3.) Welche biologischen Tatsachen sind für meine Lebensführung von Bedeutung?


Beurteilung

Schüler K., Günter

K. ist das jüngste unter seinen Klassenkameraden. Wenn auch sein Wesen dem jugendlichen Alter entsprechend noch nicht voll ausgeglichen ist, so hat er doch in seinem geistigen Wachstum eine gewisse Reife erlangt.

K. besitzt Anlage zum kritischen Denken; er nimmt nicht wie andere blindlings und widerspruchslos das vermittelte geistige Gut in sich auf, sondern bemüht sich auch neue Wege in der Lösung der gestellten Probleme zu finden.

In der Chemie hat er sich im Laufe der Zeit ein gründliches Wissen angeeignet, so dass er sich entschlossen hat Chemie zu studieren.

Auch auf sportlichem Gebiete sucht er sich zu fördern. Sehr grosses Interesse bringt er der Segelfliegerei entgegen; schon mehrfach hat er als Angehöriger der Flieger-H.J. an Segelfluglehrgängen teilgenommen.

Lebenslauf

Den Herrn Direktor des staatlichen Dreikönigsgymnasiums bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung Ostern 1941.

Meine Lebensbeschreibung.

Am 8. April 1923 wurde ich als Sohn des Eisenbahnsekretärs Wilhelm K. und seiner Ehefrau Else, geborene W., zu Köln geboren. Zwei Jahre später zogen meine Eltern in den Westerwald nach Bruchertseifen, einem Bauerndorf in der Nähe von Wissen an der Sieg. Dort verlebte ich eine glückliche Kinderzeit. 1929 kam ich auf die Volksschule nach Bruchertseifen und besuchte ab 1933 das Realprogymnasium in Wissen. Frühjahr 1934 zogen meine Eltern wieder nach Köln und bauten ein Einfamilienhaus in der Vorstadt Weiden. Seit April 1934 besuchte ich das städtische Realgymnasium in Köln-Lindenthal. Mein Vater schickte mich 1935 auf das staatliche Dreikönigsgymnasium, und ich gedenke, Frühjahr 1941 mein Abitur zu machen. Während dieser sechsjährigen Schulzeit durfte ich die Anstalt 2 ½  Jahre schulgeldfrei besuchen.

Mein größtes Interesse gilt der Chemie und der Biologie. Meine Lieblingsbeschäftigungen sind Bücherlesen und Experimentieren. Nach meiner Wehrmachtdienstzeit möchte ich mich dem Chemiestudium zuwenden. Daher soll mein Wahlfach Chemie sein.

April 1934 bin ich in das Deutsche Jungvolk in Köln-Lindenthal eingetreten. 1935 ließ ich mich nach Weiden in das Jungvolk überweisen. Am 20. April 1937 wurde ich in die Weidener Flieger-H.J. aufgenommen. Mein Dienst bestand vorläufig aus Flugmodellbau. Im Jahre 1939 habe ich an einem Segelfluglehrgang in Feusdorf[=?] (Eifel) teilgenommen, der leider wegen des drohenden Krieges frühzeitig abgebrochen wurde. Erst August 1940 hatte ich die A-Prüfung abgelegt. Anschließend wollte ich die B-Prüfung machen, um das Versäumte nachzuholen. Daher nahm ich an einem Segelfluglehrgang in Brück (Eifel) teil. Dieses Fliegerlager war leider durch fortwährenden Regen erfolglos. - November dieses Jahres habe ich mich freiwillig zur Luftwaffe gemeldet und hoffe, zum 1. April 1941 einberufen zu werden.

Ich bitte, mein Religionsbekenntnis mit „evangelisch" vermerken zu wollen.

Abituraufsatz

Deutsche Prüfungsarbeit.

Deutsch-Englischer Gegensatz - worauf beruht er, worin besteht er?

A. Ordnungsschema.

R.Deutsch-Englischer Gegensatz:

I. In der Vergangenheit.

1). Weltmachtpläne.

2). Puritanismus.

3). ?Amerikanische Verhältnisse .

II. In der Gegenwart.

1). Auf sozialem Gebiet (Individualist, Gemeinschaftsglied)

2). Begriff des Vaterlandes:

a). für den Engländer.

b). für den Deutschen.

3). Vereinigung von R.Britischem und nordamerikanischem Imperialismus.

B. Ausführung.

Das deutsche und das englische Volk haben sich aus A.einem einheitlichen Namen entwickelt . Im Mittelalter hatte Deutschland bis in die Zeit der Hanse mit England freundschaftliche Handelsbeziehungen gepflogen. Als sich nachmit der Entdeckung der neuen Welt der Handelsmittelpunkt zugunsten Englands verlagert hatte, gingen die Handelsinteressen A.der beiden Völker auseinander. Das drückt sich schon unter Heinrich v vVI. und Heinrich VII. aus. Während der Regierungszeit der R. -sTudor bahnte sich ein zunächst rein wirtschaftlicher Gegensatz an. Er wurde verschärft durch religiöse Gegensätze im A.Kalvinismus, der in England im Puritanismus ausartete. Die darauf einsetzende geistig-religiöse Bewegung wurde nicht mehr vom Protestantismus beherrscht. Heinrich vVIII. und Königin Elisabeth hatten ihrem Volke das Religionsbekenntnis aufgezwungen. In diesem Glaubenszwang ist auch die Ursache des englischen R.„Chant" zu suchen. Der Engländer ist durch seine eigenen Herrscher zum Heuchler erzogen worden. Seit der Regierungszeit Elisabeth traten die schon vorbereiteten Herrschaftsbestrebungen besonders in Erscheinung. Das Gr.beweisen uns die Navigationsakte Kromwells, nach denen alle Rohstoffe und Fertigwaren nur auf englischen Schiffen nach England transportiert werden Zeitdürfen . England steht im Schlesischen Krieg auf Seiten Preußens, damit das Inselreich seine Macht auf Übersee ausdehnen kann. Die englische Diplomatie überrumpelte Friedrich den Großen mit ihren Versprechungen. Gleichzeitig ging England darauf aus, einem machtlosen R.Europäischen Kontinent gegenüberzustehen. Diese Bestrebungen drücken sich deutlich im Wiener Kongreß aus. Auch in der Zeit unseres großen Kanzlers R.Bismark zielt England auf eine Schwächung Deutschlands hin. Es erkennt aber die Größe R.Bismarks und mischt sich vorsichtshalber nicht in die oesterreichisch-preußischen Gegensätze ein. Im Krimkrieg pocht England auf seine Rechte und scheut sich dabei nicht, gehört nicht zur AufgabeFranzosen für die englische Vorherrschaft auf dem schwarzen Meer bluten zu lassen . Nach R.Bismarks Rücktritt spürt England „wieder" ist nicht am Platzewieder die Ohnmacht der deutschen Kanzler Hohenlohe und Bülow. Deutschland macht sich leider in dieser Zeit durch ungeschickte Kolonial- und Außenpolitik in der ganzen Welt, besonders aber in England, unbeliebt. Das war ein Grund für den Übertritt Englands zum französisch-russischen Mächtepakt. Der Gefühle dieser Art haben in der Politik keine Bedeutung.Neid gegen Deutschland wuchs in der Vorweltkriegszeit ins Grenzenlose. Durch die Aufrüstungen unserer Kriegs- und Handelsflotte und durch die „Angst" ist hier richtiger als „Neid", aber Neid wächst nicht durch Angst.Angst , Deutschland könne England den Weltmarkt abringen. Dieser Mißgunst gegen Deutschland konnte sich England Luft machen, als unklar!die Kriegserklärung vom deutschen Kaiser ausging. Deutschland galt nur noch als der Kriegsschuldige. In der Nachkriegszeit schien der Wunsch nach Weltherrschaft für England tatsächlich in Erfüllung gegangen zu sein. England schwebte das Ziel vor, Deutschland wirtschaftlich und kulturell ganz vom A.!Inselreich abhängig zu machen. Dieser Plan mußte aber wegen der gewaltigen Neuerstarkung Deutschlands scheitern. Dadurch lag die Ursache eines Krieges klar auf der Hand.

Der romanische Einfluß und die Insellage mußten England wirtschaftlich und geistig andere Wege führen als Deutschland. wieso?Der Puritanismus trug dazu bei, England noch mehr von Deutschland zu entfernen . Aus puritanistischen Ideen und aus Weltherrschaftsgedanken heraus wanderte ein großer Teil des englischen Volkes Diese geschichtl. Tatsachen gehören nicht mehr zum Thema.nach Nordamerika aus. Die vollständige Loslösung vom Mutterland nach dem Unabhängigkeitskrieg hatte das ehemalige englische Volk in Nordamerika ganz auf sich selbst gestellt . Die streng abgeschlossene Entwicklung in Nordamerika führte zu einer Charaktereigenschaft, die wir Deutsche nicht mehr verstehen können. Durchaus abwegigHeute kann ein Nordamerikaner nur dann Gleichberechtigung haben, wenn er vollwertiges Mitglied seines Klubs ist. Noch weniger ist uns der amerikanische Gottesdienst verständlich . Der Besucher eines solchen Gottesdienstes steht unter einem bestimmten Zwang. Er muß sich streng nach der Ordnung und dem So alt ist der Brauch hier nicht, außerdem ist das bei jedem Gottesdienst der Fall.althergebrachten Zwang richten, der im Lauf vieler {#l: }Jahrzente in ein regelrechtes Schauspiel entartet ist. Ähnliche Verhältnisse treffen wir auch in England an. Jeder Engländer ist Angehöriger eines Vereins. In England ist das Volk in die 1) Adel; 2) obere u. untere Mittelklasse; 3) Arbeiterklasse. Die „Society" umfaßt Adel u. obere Mittelklasse.Arbeiterklassen, in die „Upper-middle-Class" und in die „Society" aufgeteilt . Zwischen den einzelnen Klassen besteht ein sehr strenger Unterschied. Dennoch haben sich bisher nur geringe Gegensätze entwickeln können. Das ist in einer geschichtlichen Tatsache begründet. Als England noch ein Agrarland war, bestand ein strenges Lehnssystem. Die Bild!Ahnen der heutigen „Society" waren damals die Lehnsherren. Die Leute der „upper-middle-class" sind z. gr. Teil aus einfachen Kreisen hervorgegangen.Die heutigen Fabrikarbeiter stammen zum großen Teil von den Untertanen der Lehnsherren ab . Zwischen Lehnsherr und Untertan bestand nie ein strenger Gegensatz. Auch heute kommt die herrschende Schicht in vielen Dingen den Arbeiterklassen entgegen. Das ist auch ein Grund dafür, warum die Ideen von_ Karl Marx und Friedrich Engels nicht in England eindringen konnten. Der Kommunismus ist der englischen Arbeiterpartei „vollkommen" ist falsch. 1937 hat die Kommunistische Partei 1 Sitz.vollkommen fremd. Man kann aber auch sagen, R.das der englische Arbeiter eigentlich für solche Dinge A.abgestumpft ist. Er ist wenig an Regierungsgeschäften interessiert. Er lebt nur für seinen Klub und für seine Familie. Diese Tatsache ist nicht von der Betrachtungsweise abhängig.Der Engländer, als Glied seines Volkes betrachtet, ist Individualist . Das Volk und die Gemeinschaft Gr.ist für ihn das Untergeordnete. Er kennt keinen Unterschied zwischen Mutterland und Kolonien. Der Individualismus läßt aber den Londoner z.B. in Indien oder Canada nie recht heimisch werden.Für ihn ist das Vaterland sowohl in Timbuktu als auch in London . Auf dieser Tatsache beruht wohl der deutsch-englische Gegensatz. Der Deutsche arbeitet im Interesse der Gemeinschaft. Er fühlt sich als Glied der Gemeinschaft.

Wenn wir heute das englische Weltreich mit einer Ellipse vergleichen, deren Brennpunkte London und Washington sind, so hat das seine gute Berechtigung. Es bahnte sich in der Nachkriegszeit eine Vereinigung zwischen Nordamerika und England an, die bis zum heutigen Kriege andauert. Die ungestörte Weiterentwicklung wäre dahin gegangen, daß sich der Britische Individualismus mit Amerika zu einem Weltimperialismus vereinigt hätte. Das hätte eine starke Schwächung Deutschlands auf dem europäischen Kontinent zur Folge gehabt. England ist es nicht gelungen, diesen Bau zu vollenden und Deutschland wirtschaftlich zugrunde zu richten. Zu Anfang des gegenwärtigen Krieges versuchte England, auf brutale Weise seine Ziele zu A. besser erreichen.verfolgen , indem es Polen , Norwegen und Frankreich für seine Weltmachtpläne bluten ließ. Trotzdem mußte es machtlos den Entwicklungen auf dem Kontinent zusehen.

Köhler hat sich den Weg zu einer guten Lösung des Themas durch eine einseitige geschichtliche Behandlung verbaut, wie das schon aus der Gliederung hervorgeht, die an sich den Sinn für logische Ordnung verrät. Hin und wieder stören jedoch abwegige Betrachtungen. Ausdruck und Rechtschreibung sind nicht immer einwandfrei.

Ausreichend.

Jahresleistung: 4

Köln, d. 28.2.41.