DKG (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klasse I r (Realgymnasium) 1938

Gutachten über die I r.

Die Klasse ist sehr ungleichmässig zusammengesetzt. In den ersten Jahren und noch in der Mittelstufe bestand sie nur aus schwach begabten oder zum mindesten geistig wenig interessierten Schülern; es war kein einziger da, der durch sein Vorbild einen Auftrieb hätte geben können. In den letzten Jahren änderte sich das Bild insofern, als einmal durch Ausmerzung oder freiwilligen Abgang der alte Bestand sehr verringert wurde, andererseits verhältnismässig viel und zwar im allgemeinen erfreulicher Zuwachs von anderen Schülern erfolgte. In dem heutigen Klassenbestand ist nur etwas mehr als zur Hälfte der Schüler (7 von 13) seit Sexta zusammen, alle anderen sind in den letzten Jahren, zum Teil sehr spät erst, in die Klasse eingetreten. Es wurde eine schwierige Aufgabe (und sie konnte nicht ganz gelöst werden) die verschiedenen Elemente zu einer Einheit zusammenzufassen und eine einheitliche Wissensgrundlage zu erreichen. Der eine Teil zeigte gute, zum Teil erfreuliche Leistungen, dem anderen Teil fiel es sehr schwer, sich dem Fortschritt der besseren anzupassen. Erschwerend kommt hinzu ein in manchen Fächern beklagenswert häufiger Lehrerwechsel, der natürlich die Gesamtleistung beeinträchtigte. So waren die Vorbedingungen für eine erspriessliche Arbeit im allgemeinen ungünstig, besonders in den geisteswissenschaftlichen Fächern, da Begabung und Interesse der Gesamtklasse (mit vielleicht 2 oder 3 Ausnahmen), und gerade der besten Schüler mehr und mehr den Naturwissenschaften zuneigten. Trotzdem ist das Gesamtbild gerade im letzten Jahr nicht unerfreulich gewesen; es zeigte sich viel guter Wille und das redliche Bemühen, den Anforderungen gerecht zu werden und zwar dank dem Ansporn, der von den besseren Schülern ausging, auch bei den schwächeren nicht ohne Erfolg, obgleich manche alten Lücken, besonders auf sprachlich-grammatischem Gebiet noch übrig geblieben sind. Der Gesamterfolg wäre zweifellos besser geworden, wenn nicht ein grosser Teil gerade der schwächeren Schüler durch ihre Führertätigkeit in HJ und Jungvolk, bis in die letzten Tage hinein, stärker beansprucht worden wären, als es vom Standpunkte der Schule aus wünschenswert oder auch nur erträglich war.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1938

1. Für und wider den [..?..].

2. Was erwarte ich von meinem Beruf?

3. Was bedeutete für mich der Dienst in der HJ?

4. Die Bedeutung der spanischen Frage für Europa.


Beurteilung

Oberprimaner J., Günther

Dank seinem klaren, sachlichen Denken, seinem ruhigen Urteil und auf Grund seines stetigen, zuverlässigen Fleisses ist J. der Schüler mit der gleichmässigsten Leistungshöhe in allen Fächern, nicht nur in den naturwissenschaftlich-mathematischen, die seiner Neigung besonders entsprechen. Bei anderen Schülern mag die Begabung im einzelnen ausgeprägter sein, aber das Gesamtergebnis ist bei ihm besonders günstig und auch erfreulich, weil es nicht mühelos, sondern durch jahrelange gewissenhafte Arbeit erreicht ist, die unterstützt wurde durch straffe Konzentration und ein gutes Gedächtnis. Darin liegt schon eine charakterliche Beurteilung, die sich noch dahin erweitern lässt, dass Jacki gerade im letzten Jahre ernsthaft und bewusst an seiner inneren Entwicklung gearbeitet hat. Er ist ein aufrechter, offener, ehrlicher Junge. Obgleich er körperlich nicht besonders begünstigt ist, hat er doch auch in den Leibesübungen wenigstens Durchschnittliches erreicht. Seinen Mitschülern ist er immer ein hilfsbereiter Kamerad gewesen. Er ist Mitglied der HJ:

Lebenslauf

Hierdurch bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung am Staatl. Dreikönigsgymnasium (Abteilung Realgymnasium) im Ostertermin 1938.

Ich wurde am 7. April 1920 als Sohn des Regierungsrates Otto J. in Wiesbaden geboren. Vom 6. bis zum 10. Lebensjahre besuchte ich die Volksschule, anschließend von Ostern 1930 ab das Staatl. Realgymnasium zu Wiesbaden. Nach der Versetzung meines Vaters setzte ich in Köln als Obertertianer Ostern 1934 am Staatl. Dreikönigsgymnasium den Besuch der höheren Schule fort.

Am 1. September 1933 trat ich in das Jungvolk ein; seit 15. März 1935 bin ich Mitglied der Hitlerjugend.

Bald nach dem Eintritt in die höhere Schule spürte ich Neigung zu den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern. Obwohl ich das Erlernen der Fremdsprachen nicht vernachlässigte, widmete ich mich der Naturwissenschaft, insbesondere der Physik und Chemie, mit viel mehr Arbeitseifer und Freude.

Der Physikunterricht veranlaßte, daß ich Gefallen an der Elektrotechnik fand. Durch eifriges Lesen bildete ich mich darin weiter; aber nicht nur theoretisch, sondern auch experimentell beschäftigte ich mich in dieser Richtung. Ich bedauerte zuweilen, daß ich mich vielleicht etwas zu viel mit technischen Dingen befaßte, während ich für deutsche Dichtung und Wissenschaft nur wenig Zeit übrig hielt.

In den letzten Jahren bereitete mir die Chemie besondere Freude. Die experimentelle Arbeitsweise und die Vielseitigkeit dieser Wissenschaft zogen mich in erster Linie zu ihr hin.

Aber nicht nur wissenschaftlich war die Schule für mich von Bedeutung, sondern sie formte mich auch charakterlich und gab mir Gelegenheit, in einer Gemeinschaft zu arbeiten. Wie sehr ich mich an diese Gemeinschaft, in diesem Falle an meine Mitschüler und Schulfreunde gewöhnte, lernte ich deutlich bei meinem Schulwechsel von Wiesbaden nach Köln einsehen. Nur sehr ungern nahm ich von meiner früheren Schule Abschied, und es dauerte sehr lange, bis ich mich bei meinen neuen Mitschülern in Köln wohlfühlte.

Meine Ausbildung wurde wesentlich gefördert durch die vielen Reisen durch Deutschland, die mir meine Eltern ermöglichten, und durch die ich eine Menge wertvoller Eindrücke gewann. Hierbei wurde mein Wunsch, immer etwas Neues zu sehen und zu erleben, zur Genüge befriedigt.

Bedeutsam für meine charakterliche Ausbildung war neben der Schule die Hitlerjugend, die mich vor allem zur Kameradschaft und zum Gemeinschaftssinn zu erziehen versuchte.

Als zweite Fremdsprache für die schriftliche Reifeprüfung wähle ich Französisch und als Leistungsfach für die mündliche Prüfung Physik.

Ich habe vor, demnächst Chemiker zu werden.

Ich bitte, auf dem Reifezeugnis meine Religionszugehörigkeit zu vermerken.