DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1931 (Realgymnasium)

1.) Öffentliche Plätze in Köln

2.) Was interessiert mich auf Reisen besonders?

3.) Die Geschichte eines Wasserstoffatoms

4.) Alltagspflichten gegen die Gemeinschaft


Beurteilung

Oberprimaner S., Rolff.

Regelmässig versetzt. Der jüngste der Klasse. Froh und doch ernst, lebhaft und doch bescheiden, künstlerisch begabt für Musik (Geige) und Zeichnen. Seine wissenschaftlichen Leistungen haben sich seit UI stetig gesteigert. Gut waren sie immer in Mathematik und Naturwissenschaften, meist in Latein, zuletzt auch im Englischen. Er ist Leiter des stenographischen Vereins an der Schule, Mitglied von Neudeutschland und der dortigen Musikantenschar seit deren Bestehen. Bei Schulfesten wurde er oft zu Violinsolovorträgen ausgewählt. Er ist guter Schwimmer und Radfahrer (z.B. Pfingstferien 1929 mit Fahrrad Köln - Bodensee und zurück).

Lebenslauf

Den Prüfungsausschuß am Staatlichen Dreikönigsrealgymnasium bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1931.

Ich bin geboren am 3. Mai 1913 zu Bern in der Schweiz.

Von Ostern 1919 bis Ostern 1922 besuchte ich die ersten drei Klassen der Volksschule in Köln, mit Ausnahme von September bis Dezember 1919, wo ich in München auf die Volksschule ging. Von Ostern 1922 besuche ich das Staatliche Dreikönigsgymnasium zu Köln, und zwar von Sexta an. Nach dreijährigem Besuch der Unterstufe entschied ich mich für das Realgymnasium der gleichen Anstalt.

Schon sehr früh, mit 6 Jahren, erlernte ich das Klavierspiel. Da ich Interesse und Neigung zu Musik zeigte, erlernte ich noch dazu das Geigenspiel, worin ich mit 8 Jahren meine erste Stunde erhielt. Nach und nach kam ich immer mehr vom Klavierspiel ab, da meine Liebe zum Geigenspiel größer war. Heute musiziere ich fast ausschließlich auf meiner Geige. Eine andere Neigung in meiner Kindheit war die zum Zeichnen und Bauen und Basteln, wozu ich auch jetzt immer noch Lust und Liebe empfinde. Durch häufige Besuche von Hafen- und Fabrikanlagen wurde ich dazu angeleitet, selbst kleine Konstruktionen zu bauen und auszuprobieren. Dem verdanke ich mein reges Interesse für Technik und technische Anlagen.

In den oberen Klassen waren meine Lieblingsfächer immer Mathematik und Zeichnen. Letzteres übte ich auf allen Gebieten: in der Natur, Skizzieren, Linearzeichnen, Aquarell- und Kohlezeichnen. In den beiden letzten Jahren kam zu diesen Lieblingsfächern als drittes noch die Stenographie. Zu Hause verwandte ich sehr viel von meiner Freizeit, um mich in diesem Fach zu üben und eine gewisse Fertigkeit zu erlangen. Zur Zeit leite ich auch den Schülerverein für Stenographie an unserer Schule, den ich mit einigen Mitschülern vor einem Jahre gegründet habe. Natürlich vernachlässigte ich bei all diesen Beschäftigungen keineswegs die Musik. Durch häufigen Konzertbesuch und eigenes Musizieren lernte ich die einzelnen Gebiete der Musik kennen. Schon mehrere Jahre bin ich Mitglied der Kölner Musikantenschar. Da ich zu den ersten Mitgliedern zähle, die diesen Bund gegründet haben, habe ich die einzelnen Entwicklungsstufen dieser Gruppe selbst mitgemacht. Durch wöchentliches Musizieren in Quartetten und im Orchester pflegte ich dort mit anderen Schülern und Werktätigen die Musik. Dieses Volksmusizieren, das heißt das Zusammenspiel und Zusammenwirken von verschiedenen Schichten des Volkes, - denn in der Musikantenschar gibt es keinen Unterschied zwischen Arbeitersohn und Bürgersohn, beide spielen zusammen - sagte mir sehr zu.

Den Eintritt in diese Musikantenschar verdankte ich zum Teil der Jugendbewegung. Von Obertertia bis heute bin ich Mitglied eines Jugendbundes. Fast in allen Ferien bin ich mit mehreren anderen auf Fahrt oder zu Tagungen des Bundes gegangen. Auf diesen Fahrten, besonders aber auf den Auslandsfahrten lernte ich Gemeinschafts- und Kameradschaftsgefühl kennen. Ich wurde zu Selbständigkeit und Einfachheit erzogen. Durch häufige Ausflüge in die nächste Umgebung wurde ich mit Land und Leuten meiner Heimat bekannt. Was mir bei den jugendbewegten Jungens besonders gefiel, war die Abhärtung, die Liebe zu Natur, und nicht zuletzt das tiefe religiöse Gefühl.

In Unterprima nahm ich an einer mathematischen -, in Oberprima an einer Arbeitsgemeinschaft für lebenskundliche Fragen teil.

Nach bestandener Reifeprüfung beabsichtige ich, den Beruf eines Vermessungsingenieurs zu ergreifen.

Als zweite Fremdsprache für die schriftliche Prüfung bezeichne ich Englisch, als Wahlfach für die mündliche Prüfung Musik.

Auf meinem Reifezeugnis bitte ich, meine Religion zu vermerken.