DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz des Sonderlehrgangs A

1.) Gehalt und Gestalt des Trauerspiels „Kabale und Liebe“ von Schiller.

2.) „Alle menschlichen Gebrechen ... Sühnet reine Menschlichkeit.“ Das Geleitwort Goethes zur „Iphigenie“ ein Mahnwort an unsere Zeit.

3.) „So hast Du es bestimmt, o Gott, daß jeder ungeordnete Geist sich selbst zur Strafe wird.“   Augustinus.

4.) Eine vergleichende Bildbetrachtung. Fritz Boehle „Junger Ritter“ und „Der heilige Georg“.


Beurteilung

19 ½ Jahre. Groß, kräftig, sportlich gestählt. Vater Dr. jur., Direktor einer Stettiner Feuerversicherung, der durch den Einbruch der Russen Stellung, Einkommen und die gesamte Habe verloren hat. Ein älterer Bruder ist im Kriege gefallen. Die Familie ist katholisch.

K. ist in Stettin am humanistischen Marienstiftsgymnasium erzogen, das nach seiner Angabe  "positiv-christlich und reaktionär" war. Die Art, wie er im Lebenslauf von seinen Lehrern spricht, ehrt sie und ihn selbst.

Wie unsere Schüler ist er am 15.2.43 LWH geworden, im März 1944 zum RAD und am 13. Juni 1944 zur Wehrmacht eingezogen worden. Als Soldat muß er sich hervorragend bewährt haben, da er schon am 1.12.44 Gefreiter und am 16.2.45 zum Unteroffizier befördert worden ist. Nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft am 13.8.45 hat er sich zunächst in der Landwirtschaft seines Vetters betätigt und nimmt seit dem 26.11.45 an unserem Lehrgang teil.

Wir haben von ihm den Eindruck eines frischen, impulsiven jungen Mannes, der nicht gern einen Scherz unterdrückt und dem wohl mal ein unbedachtes Wort entschlüpft, der aber einen unverdorbenen, geraden und ehrenhaften Charakter besitzt. Zu wissenschaftlicher Arbeit scheint er weniger berufen, umso besser scheint er aber zu praktischer Mitarbeit am wirtschaftlichen Aufbau geeignet zu sein, da er mit Tatkraft und rascher Entschlußfähigkeit einen gesunden Optimismus verbindet, der selbst durch das schwere Schicksal seiner Familie nicht hat getrübt werden können.

Er will Volkswirtschaft studieren und Kaufmann werden.

Lebenslauf

Dem Direktor der Pommerschen Feuersozietät Dr.iur. Georg K. und seiner Ehefrau Elisabeth, geborene G., wurden am 23. November 1926 in Stettin 2 Knaben geboren. Davon war ich Bernhard Hubertus Alexander der ältere. Mein Zwillingsbruder kam leider tot zur Welt. Ich wurde katholisch getauft und in der katholischen Religion erzogen. Die sorgenlosen Kinderjahre zusammen mit meinem älteren Bruder waren eine Zeit ungetrübten Glücks und Frohsinns.

Dies unbeschwerte Leben erfuhr die erste fühlbare Einschränkung mit dem Beginn meiner Schulzeit. Ostern 1933 kam ich in die katholische Volksschule, wo ich in 4 Jahren meine Grundausbildung erhielt. Ich hatte das Glück, einen Lehrer zu bekommen, der ein großer Kinderfreund war, und dem daher die Kinderherzen im Fluge entgegen schlugen. Da er auch gutes pädagogisches Talent hatte, und mir das Lernen Freude machte, waren die vier Grundschuljahre eine glückliche Zeit, an die ich gerne zurückdenke.

Ostern 1937 kam ich auf das humanistische Marienstiftsgymnasium in Stettin. Dieser Schritt bedeutete einen merkbaren Einschnitt in meinem Leben; denn einmal brachte er einen Wechsel der Kameraden mit sich, und zum anderen gestaltete sich der Schulbetrieb jetzt wesentlich anders als in der Volksschule. Auch hier hatte ich das Glück, einen guten, väterlich wohlwollenden Klassenlehrer zu bekommen, der mehrere Jahre unsere Klasse betreute. Unter dessen Hand bildete sich eine ausgezeichnete Klassengemeinschaft, die diese Schuljahre zu einem unvergeßlichen Erleben gestalteten. Die Schule war positiv christlich und reaktionär eingestellt und hatte so einen schweren Stand in der Zeit des Nationalsozialismus. Das führte sogar zur Absetzung des allverehrten Direktors.

Mit der Einziehung am 15. Februar 1943 zur Flak wurde fortan der Unterricht nur noch an 3 Tagen in der Woche erteilt und zwar in Deutsch, Latein, Mathematik, Geschichte, Erdkunde und Physik. Bei dem umfangreichen militärischen Dienst und den häufigen Fliegeralarmen und Fliegerangriffen wurde die Schularbeit leider in den Hintergrund gedrängt.

Am 10. März 1944 kam ich zum Reichsarbeitsdienst. Hier blieb ich bis zum 23. Mai desselben Jahres.

Drei Wochen später, am 13. Juni 1944, wurde ich zur Wehrmacht eingezogen und zwar zur leichten bespannten Artillerie. Nach der Rekrutenzeit in Graudenz und nach zwei Reserve-Offiziers-Bewerber-Lehrgängen in Thorn erfolgte am 1. Dezember 1944 meine Beförderung zum Gefreiten. Das unaufhaltbare Vordringen der Russen erforderte meinen vorzeitigen Fronteinsatz. Bei den Kämpfen um die Festung Graudenz wurde ich am 16. Februar 1945 zum Fahnenjunkerunteroffizier befördert und erhielt am folgenden Tage den Marschbefehl nach Schwerin. Von hier ging es nach einigen Tagen weiter nach Pilsen auf die Waffenschule. In Graudenz ging ich als einer der letzten über die Weichselbrücke und hatte, als ich das Westufer dieses gewaltigen Stromes betreten hatte, das beglückende Gefühl, daß mir das Leben neu geschenkt sei. Da das Vaterland in höchster Not und Gefahr war, konnte der Lehrgang auf der Waffenschule nicht mehr durchgeführt werden. Die Waffenschule wurde aufgelöst. Jeder Mann wurde gebraucht, und ich wurde wieder gegen die Russen eingesetzt. Bis zum letzten Tage kämpfend geriet ich am 7. Mai 1945 bei Taugemünde an der Elbe in amerikanische Gefangenschaft. Am 31. Mai übernahmen die Engländer unser Lager. Aus der Gefangenschaft wurde ich am 13. August 1945 in die Landwirtschaft und den Baumschulenbetrieb meines Vetters in Jüngsfeld im Siegkreis entlassen.

Ab 26. November 1945 nehme ich an dem Lehrgang zur Erreichung der amtlichen Reife am staatlichen Dreikönigsgymnasium in Köln teil.

Da ich durch die Not des Vaterlandes die Schule vorzeitig verlassen mußte, erhielt ich im Frühjahr 1945 den Reifevermerk.

Neben sportlicher Betätigung im Reiten, Schwimmen und Fußballspiel habe ich mich gerne mit geologischen Dingen und Geschichte beschäftigt. Mit großem Vergnügen besuchte ich das Theater, um mich an Oper, Operette und Schauspiel zu erfreuen. Die Schulferien verbrachte ich entweder in der Heimat meines Vaters in Ostpreußen auf dem Lande, wodurch in mir das Interesse an der Arbeit des Bauern, die Anhänglichkeit an die Tiere in der Landwirtschaft und die Liebe zur Natur schon frühzeitig erwachte, oder bei den Verwandten meiner Mutter in Pommern und im Rheinland, wo ich den Betrieb eines großen Kaufhauses näher kennen lernte, und durch die geschilderten Erlebnisse meines Onkels der Wunsch in mir reifte, Kaufmann zu werden.

Die beiden letzten Kriegsjahre brachten viel Leid über unsere Familie. Am 18. August 1944 wurden wir in Stettin restlos ausgebombt. In einem schweren Einsatz fiel am 28. Oktober 1944 in Kurland mein einziger guter Bruder. Nach dem Einmarsch der Russen in Stettin haben wir unsere Heimat ganz aufgeben müssen und sind auf die Hilfe unserer Verwandten angewiesen.

Wie mein Bruder so hatte auch ich vor, Volkswirtschaft zu studieren. Wir wollten uns gemeinsam eine Existenz aufbauen. Durch den Heldentod meines lieben Bruders ist dieser Plan zerschlagen worden. Ich werde aber doch bei meinem Vorsatz bleiben, Volkswirtschaft zu studieren und Kaufmann zu werden.