DKG (Köln)

Gesamtbeurteilung der Oberprima (Realgymnasium) 1932

Die realgymnasiale Oberprima

weist mit 2 oder 3 Ausnahmen nur einseitig (künstlerisch oder praktisch) oder gering begabte Schüler auf. Auch der (durch Veränderungen im Lehrerkollegium bedingte) häufige Lehrerwechsel während der Mittelstufenjahre hat auf die Leistungsfähigkeit der ganzen Klasse, besonders in den Sprachen, sehr nachteilig eingewirkt. Aus diesen Gründen erhob sich das geistige Leben der Klasse kaum bis zum Mittelmass; ja oft litt es geradezu unter einer schwer zu bekämpfenden Unlust und Stumpfheit. Noch im Laufe der Oberprima wurde durch das Ausscheiden des bisherigen Klassenleiters (Studienrat Bosbach) ein Lehrerwechsel in Deutsch, Latein und Geschichte nötig. Die Leistungen in diesen Fächern konnten darum in letzter Zeit nur mit einer gewissen Zurückhaltung beurteilt werden.

 


Beurteilung

Oberprimaner S., Richard

ist hervorragend musikalisch begabt und wird auf diesem Gebiete bei ernstem Streben sicher Bedeutendes leisten. Für die anderen Fächer, ausser Mathematik und Naturwissenschaften, zeigt er weniger Begabung und Neigung. Er folgt dem Unterricht mit Aufmerksamkeit, tritt aber in den Fächern, die ihm nicht liegen, wenig und ungern selber in Tätigkeit. Sein Eigensinn machte sich manchmal unangenehm bemerkbar. Er scheint die Schule als Zwang zu empfinden und zeigte sich aus diesem Grunde meistens verschlossen. Sein Betragen war gut.

Lebenslauf

Hierdurch bitte ich das staatliche Dreikönigsgymnasium um Zulassung zur Reifeprüfung zum Ostertermin 1932.

Von Ostern 1920 bis Ostern 1923 besuchte ich die städtische Volksschule Köln, Gereonswall. Ostern 1923 trat ich in die Sexta des Dreikönigsgymnasiums ein. In den unteren Klassen sagten mir Naturkunde und Erdkunde am meisten zu. Seit etwa Obersekunda habe ich außerdem noch besondere Freude am Mathematik- und Chemieunterricht. Durch Hauslektüre in diesen Fächern versuchte ich sowohl mir Einblick in den chemischen Aufbau der Welt zu verschaffen als auch die einzelnen Länder der Erde, die kulturellen Eigenheiten ihrer Bewohner, und ihre politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu unserem Vaterlande kennenzulernen. Außerhalb der Schule war stets Musik meine Hauptbeschäftigung. Da meine Eltern es mir ermöglichten, im fünften Lebensjahr die Erlernung des Klavier- und Cellospieles zu beginnen, wurde schon früh meine Aufmerksamkeit auf Opern- und Konzertmusik gelenkt. Vor allem waren es für Klavier Werke von Beethoven, Weber, Grieg, Mozart und Chopin, für Cello Konzerte von Goltermann und Etüden von Popper und Klengel, mit denen ich mich immer wieder befasste. Als mein Cellolehrer mich auf mein absolutes Gehör aufmerksam machte, wurde meine Begeisterung für die Musik noch vergrößert. Die Freude an der Gemeinschaftsmusik veranlaßte mich zum Eintritt in eine Vereinigung junger Musikfreunde, deren Ziel die Pflege der Orchestermusik ist, und die hin und wieder mit Konzerten an die Öffentlichkeit tritt. Seit dieser Zeit verlegte ich mich in der Hauptsache auf die Ausübung der atonalen Musik unserer modernen Komponisten und versuchte mich selbst im Schreiben kleinerer atonaler Klavierstücke. In Quarta bewog mich der Drang nach der freien Natur, einem katholischen Jugendbund beizutreten. Im Anschluß an diesen Bund machte ich mehrere Reisen und Wanderungen durch Mitteleuropa, wodurch in mir die Zuneigung zu Naturkunde und Erdkunde hochgehalten wurde. Leider hatte ich später keine Freude mehr in dieser Vereinigung, so daß ich mich entschloss, aus ihr zurückzutreten. Zeitweilig war ich Mitglied eines Schwimmvereins. Diesem Umstand verdanke ich meine Ausbildung im Schwimmen und in der Leichtathletik. Ich kann wohl annehmen, daß durch die Mitwirkung in den einzelnen Jugendverbänden mein Gemeinschaftssinn und meine Selbständigkeit gefördert worden sind.

Für die schriftliche Prüfung wähle ich als zweite Fremdsprache Englisch.

In der mündlichen Prüfung bitte ich, mich besonders in Musik zu prüfen.

Auf dem Reifezeugnis bitte ich einen Vermerk über mein Religionsbekenntnis aufzunehmen.

Ich beabsichtige, nach bestandener Reifeprüfung den Apothekerberuf zu ergreifen.