DKG (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klasse 8a1 (1942)

Die Klasse

Die Klasse 8a1 hat noch 15 Schüler; 10 wurden im Laufe des Jahres zu den Fahnen gerufen. Von diesen 15 haben 5, also genau ein Drittel, in der Mehrzahl der Fächer gut; die Leistungen der meisten sind mittelmässig; etwa ein Fünftel ist als schwach zu bezeichnen.

Die Kriegsverhältnisse wirkten sich vor allem dadurch ungünstig für die Klasse aus, dass in einigen Fächern, nämlich in Englisch, Physik, Mathematik, Biologie und Erdkunde mehrfach ein Lehrerwechsel eintrat, zum Teil noch im letzten Jahre.

Alle Schüler sind in der HJ.

Das Verhalten der Klasse war hochanständig.

Auch arbeiteten die Schüler recht fleissig und beteiligten sich im ganzen rege am Unterricht.

So war die Arbeit mit den Jungen eine Freude.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1942

[Eine Themenliste fehlt in der Akte. Aus den Arbeiten selbst ließen sich nur die beiden folgenden Themen ableiten, wobei bis auf zwei Ausnahmen sich sämtliche Schüler für Thema 1 entschieden.]

1.) Kurze, übersichtlich geordnete Inhaltsangabe der Vorrede Adalbert Stifters zu seiner Novellensammlung „Bunte Steine“

2.) Gehalt und Gestalt einer Novelle von Theodor Storm oder Gottfried Keller


Beurteilung

Schüler B., Karl.

Er ist das einzige überlebende Kind von dreien und wurde deshalb, wie er selbst in der Darstellung seines Entwicklungsganges schreibt, von seinen Eltern verwöhnt. Er besuchte das Dreikönigsgymnasium von Sexta an und wurde regelmässig mit guten Zeugnissen versetzt.

Er ist gut beanlagt, hat einen scharfen, schnell erfassenden Verstand und ein gutes Gedächtnis. Er fühlt tiefer, als er meist merken lässt, ist nicht ohne Phantasie und verrät zuweilen Witz und Humor. Sein Temperament ist lebhaft, ja hitzig und aufbrausend, aber er hat sich zu bändigen gelernt. In früheren Jahren mussten ihm manchmal Eigensinn und Unbeherrschtheit vorgeworfen werden, doch jetzt ist er ein fügsamer Junge geworden. Dass er Theologe werden will, werden die wenigstens, die ihn kennen, erwartet haben.

Er war immer sehr fleissig und in der Schule, von gelegentlichen Störungen in früheren Jahren abgesehen, eifrig bei der Sache. Durch seine spontanen Bemerkungen, also Aeusserungen, die nicht auf Fragen erfolgten, trug er viel zur Belebung des Unterrichts bei. Auf der Mittelstufe erhielt er eine Schulprämie. In der Freizeit half er dem Vater im Garten und der Mutter beim Einkaufen und anderen Arbeiten, oder er widmete sich der Musik. Er spielte im Schülerorchester die zweite Geige. Die besten Leistungen erzielte er immer in den alten Sprachen und in Biologie, und zuletzt gewann er auch grosse Vorliebe für das Deutsche, und drum wünscht er dieses Fach als Wahlfach. Er hat Interesse für alle menschlichen Fragen, besonders solche aus Religion, Ethik und Soziologie.

Er ist seit 35 in der HJ.

Zusammenfassend kann man sagen: B. ist ein tüchtiger, zielbewusster, idealgerichteter Junge von gesundem Optimismus, der im Leben seinen Mann stehen wird.

Lebenslauf

Den Herrn Direktor des Staatlichen Dreikönigsgymnasiums bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung zum Ostertermin 1942.

Ich bin geboren am 17. Juni 1924 als Sohn der Eheleute Karl B. und Maria geb. T. in Rodenkirchen, Landkreis Köln.

Dort, im Bahnhof der Rheinuferbahn, verlebte ich meine erste Jugend. Da ich das einzige Kind war und leider auch blieb, verwöhnten mich meine Eltern, um so mehr, als ich das einzig überlebende Kind von dreien bin. Zwei starben schon im zartesten Alter.

Bald kannte man in der Umgebung des Bahnhofs den kleinen „Besen vom Bahnhof". Meinen Eltern habe ich durch manchen Streich viel Kummer bereitet.

Dann wurde das freie, ungebundene Leben etwas gehemmt durch die Aufnahme in die Volksschule zu Ostern 1930. In der Volksschule kannte ich keine Schwierigkeiten. So waren nachmittags die Schulaufgaben schnell erledigt. Dann ging es hinaus zum Spiel, und manchen Abend hat die Mutter gesessen und Hosenböden geflickt und Strümpfe gestopft.

Das dauerte solange, bis zu Ostern 1934 die Aufnahme in das Staatliche Dreikönigsgymnasium erfolgte. Von da an milderte sich das wilde Temperament etwas. Das kam wohl auch zum Teil daher, daß im Juli 1934 unsere Wohnung verlegt wurde und ich also von meinen bisherigen Spielgenossen getrennt wurde. - Das wilde Temperament wurde gemildert, aber keineswegs unterdrückt. Dies zeigt sich darin, daß zuweilen auf dem Zeugnis die Bemerkung erschien: „Stört gern den Unterricht". Daneben zeugten aber die guten Zensuren doch von dem Erfolg des Schulbesuches. - Das Lernen an sich hat mir keine großen Schwierigkeiten gemacht. Doch verführte wohl gerade das öfter zum Lauwerden.

Vor einigen Jahren, ich glaube, es war in der damaligen Quarta, steckte mich der Leiter des Schulorchesters, Studienrat Dr. Bützler, in die 3. Geige des Orchesters. Später wurde ich dann in die zweite Geige erhoben. In meiner Freizeit habe ich mich noch mit verschiedenen anderen Instrumenten befaßt, mit Klavier, Guitarre, Blockflöte und Mandoline, ohne aber im einzelnen zu besonderen Leistungen zu gelangen. Meine Unrast trieb mich immer dazu, möglichst rasch viel zu lernen. Aber da das so einfach nicht geht, blieb alles sehr bald stecken. Heute bereue ich es, leider ohne es im Augenblick ändern zu können.

Im Laufe der letzten Jahre habe ich am deutschen Unterricht und auch überhaupt an der Literatur mehr Interesse gefunden. Das mag auch an unserem derzeitigen Deutschlehrer, dem Herrn Direktor, liegen. (Dies soll keine Verbeugung darstellen, wie man vermuten könnte, wenn man bedenkt, daß ich einmal in einem Aufsatz unseren Deutschunterricht mit dem bissigen Wort „Literaturanatomie" bezeichnete. Dies hat mir der Herr Direktor, und das wohl zu Recht, noch nicht vergessen. Ich bin aber mittlerweile zu einer anderen Überzeugung gekommen.) Ich möchte also Deutsch als Wahlfach nehmen.

Seit November 1935 gehöre ich der Staatsjugendorganisation an, und zwar zunächst dem Deutschen Jungvolk, aus dem ich am 20. April 1938 in die Hitlerjugend überwiesen wurde. Eine Führerstellung habe ich in beiden Organisationen nicht bekleidet.

Eine besondere Art von Freizeitbeschäftigung könnte ich noch nennen: Wir haben zu Hause einen großen Obst- und Gemüsegarten. Dort habe ich mich betätigt, indem ich Vater und Mutter half. - Dann habe ich auch meistens das Einkaufen und sonstige Besorgungen ausgeführt, da meine Mutter bei all ihrer Arbeit dazu kaum Zeit fand.

Lange habe ich mich mit der Berufsfrage auseinandergesetzt. Nunmehr habe ich mich entschlossen, das Studium der Theologie zu beginnen. Solch ein Entschluß kommt nicht von heute auf morgen. Dann ist er wohl auch allzu sehr im Gefühl verankert, als daß man des langen und breiten darüber reden könnte. Wenigstens bei mir ist es so. - Für manchen von denen, die mich seit Jahren kennen, wird meine Berufswahl wohl eine Überraschung sein.