DKG (Köln)

Oberprima (Gymnasium)

Zu dieser Klasse konnten bislang weder eine Gesamtbeurteilung noch die Themen der Abituraufsätze im Fach Deutsch ermittelt werden.


Beurteilung

Oberprimaner E., Hans

Er besitzt mittelgute geistige Anlagen; ruhiges und klares, etwas langsames Denken, sicheres Einfühlungsvermögen, selbständiges, seinem Alter entsprechend reifes Urteil.

Besondere Neigung für literarische und weltanschauliche Fragen, denen er den grössten Teil seiner Freizeit widmet.

Charakter: Er ist ein zielbewusster und charakterfester Mensch, mehr bedächtig als Draufgänger, äusserem Erfolgstreben abgeneigt, aber um innere Klärung und Reifung ernsthaft bemüht.

Leistungen: „Gut" in Religion, Deutsch, Geschichte, Erdkunde. Sonst überall „genügend".

Im Lager hat er sich gut bewährt.

Lebenslauf

Hierdurch bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1937.

Am 16.12.1916 wurde ich in Köln-Nippes als Sohn der Eheleute Heinrich E. und Frau Agnes geb. R. geboren. Die Jahre meiner Kindheit verbrachte ich im Schutz und Frieden des Elternhauses. Elterliche Liebe hielt nach Möglichkeit alles, was die Freude und Sorglosigkeit eines Kinderherzens beeinträchtigen könnte, von mir fern. Die Sorge meiner Eltern war vor allem darauf gerichtet, mit eine gründliche Erziehung angedeihen zu lassen.

Ostern 1923 wurde ich in die Grundschule aufgenommen. Den hier gebotenen Lehrstoff nahm ich mit gutem Erfolge in mich auf, sodaß ich Ostern 1927 die Aufnahmeprüfung für das Gymnasium unter Befreiung von der mündlichen Prüfung bestehen konnte.

Neben die Schule trat als Erzieherin die Kirche. Sie konnte auf dem aufbauen, was das Elternhaus in mir grundgelegt hatte. So erzog sie mich zu einem starken Gottesglauben, der schon früh das Priestertum als Berufsideal in mir aufleuchten ließ.

Meine Eltern schickten mich auf das staatliche Dreikönigsgymnasium in Köln. Das Klassenziel der Untertertia erreichte ich infolge gesundheitlicher Hemmungen erst im zweiten Jahr. Das Wiederholungsjahr wirkte sich auf meine körperliche und geistige Entwicklung sehr günstig aus. Vom Beginn der Gymnasialstudien an hatte ich eine besondere Hinneigung zu dem Lehrfache „Religion"; das erklärt sich aus meinem Berufsideal. Das später hinzutretende Fach „Geschichte" erweckte in mir ein besonderes Interesse, das sich im Laufe der Schulzeit noch stärker ausprägte. Besondere Liebe erweckte in mir auch von Anfang an der Biologieunterricht.

In der Oberstufe steigerten sich meine Leistungen im „Deutschen" etwas. Der Erfolg wurde mir ein Ansporn, mich nun auch diesem Fache bewußt stärker zuzuwenden. Das Interesse wurde durch die Anregung und noch mehr durch die ganze Art des Unterrichtes meines Deutschlehrers gefördert, wofür ich diesem zu besonderem Danke verpflichtet bin. Ich entdeckte ein Arbeitsgebiet von größtem Ausmaß und besonderem Reiz. Das altdeutsche Schrifttum gewährte mir unmittelbaren Einblick in Sitte und Glaube der Germanen; die Lektüre des Waltariliedes und der nordischen Sagas ergänzte und erweiterte das Bild. Wolframs große Weltanschauungsdichtung „Parzival" zog mich in ihren Bann, sobald mir die gleichnishafte Bedeutung der innern Entwicklung des Helden bewußt wurde. Ein anderes Symbol des deutschen Menschen trat in der Oberprima bei der Besprechung von Goethes „Faust" in meinen Gesichts- und Erlebniskreis. Ich sah hier einen von unbändigem Lebensdrang erfüllten Menschen, den das titanische Streben wesentlich andere Wege gehen läßt als den Gottsucher der mittelalterlichen Dichtung. Beide erfahren die „Grenzen der Menschheit"; aber während der ritterliche Held in der Demut die Kraft der Gnade und so den Weg zum Gral findet, überwindet Faust den lebenvernichtenden Titanismus durch die Selbstbegrenzung in der gemeinnützigen Tätigkeit. Hier wurde mir eine Eigenart des klassischen Humanitätsideals bewußt: da es letztlich in reiner Diesseitigkeit befangen bleibt, vermag es das in der Natur des Menschen vorgefundene metaphysische Bedürfnis nicht zu befriedigen.

In meiner Freizeit beschäftigte ich mich sehr viel mit moderner deutscher Literatur, besonders der Kriegsdichtung. So las ich u.a. Wehners „Sieben vor Verdun", B.v. Mechows „Abenteuer", Carossas „Rumänisches Kriegstagebuch", Flex' „Wanderer zwischen zwei Welten" und Bindings „Aus dem Kriege". War es bei diesen Büchern vor allem das große Gemeinschaftserlebnis und die Selbstbegegnung des deutschen Volkes im Weltkriege, was mich anzog, so gaben mir diese Bücher auch schon einen Hinweis auf ein weiteres Thema, das mich immer lebhafter beschäftigte, nämlich die soziale Frage und das deutsche Raumproblem. Mancherlei Klärung brachten mir hier Grimms „Volk ohne Raum", Lienhards „Westmark", Dörflers „Apolloniatrilogie", und Polenz' „Büttnerbauer".

Eine besondere Neigung für die bildende Kunst konnte ich in einer heimatkundlich-künsterlerischen Arbeitsgemeinschaft entfalten. Unter der Leitung meines verehrten Religionslehrers - dem ich dafür wie auch besonders für seine gesamte religiöse Erziehungsarbeit zeitlebens Dank schulde - wurde mir ein tieferes Verständnis für die echte Kunst vermittelt. So entschloß sich mir nach und nach die Schönheit und der Reichtum der deutschen Kunst.

Einen wesentlichen Einfluß auf meine geistige Bildung übte der altsprachliche Unterricht aus. Die Lektüre der lateinischen und griechischen Schriftsteller regte mich sehr stark zu eigenem Denken an. Sie brachte mir vor allem Klarheit über eine Reihe grundsätzlicher Fragen der Weltanschauung. Werke wie Sophokles' Antigone und Platons Gorgias scheinen mir in besonderem Maße geeignet, die letzten Voraussetzungen jedes echten politischen Denkens aufzuhellen.

Von den lateinischen Historikern zog mich besonders Tacitus an wegen der Tiefgründigkeit seines Urteils und der künstlerischen Kraft der Gestaltung. Die politische Geschichtsschreibung des Livius offenbarte mir die nationale Begeisterung des Römers für die Größe seines Volkes. Hier wie in den politischen Gedichten des Horaz und der Aeneis des Vergil spürt man das Wehen eines neuen Geistes und das wiedererwachte Sendungsbewußtsein der Zeit des beginnenden Prinzipals, die mit unserer politischen Gegenwart so manche Ähnlichkeit aufweist. Ciceros Staatsphilosophie lernte ich wegen ihres bedeutsamen gedanklichen Gehaltes schätzen. Ihre hauptsächlichen Themen, wie Ursprung des Staates, Zweck und Wesen des Staates, das Verhältnis von Volk und Staat, die verschiedenen Staatsformen und ihre Beurteilung, das Wesen des Rechtes und sein Verhältnis zum Naturrecht, das Wesen der Staatsgesetze u.ä., die Cicero in enger Anlehnung an die griechische Philosophie behandelt, boten geeignete Ansatzmöglichkeit zu einer tiefergehenden nationalpolitischen Schulung.

Wenn ich so kurz vor dem Abschluß meiner Schuljahre auf meinen bisherigen Bildungsgang zurückblicke, so fühle ich mich verpflichtet, der Schule, die mir den Weg zu einer echten und tiefen Bildung gewiesen hat, meinen besonderen, tief empfundenen Dank abzustatten.

Als Wahlfach für die mündliche Prüfung bezeichne ich „Religion".

Nach bestandener Reifeprüfung beabsichtige ich mich dem Studium der Theologie zu widmen.

Ich bitte auf dem Reifezeugnis mein Religionsbekenntnis zu vermerken.