DKG (Köln)

Oberprima (Gymnasium)

Zu dieser Klasse konnten bislang weder eine Gesamtbeurteilung noch die Themen der Abituraufsätze im Fach Deutsch ermittelt werden.


Beurteilung

Oberprimaner R., Franz 

Er war dank seiner Veranlagung und seinem beharrlichen Fleiss immer der erfolgreichste Schüler der Klasse. Er ist zielklar, umsichtig und gründlich bei allen theoretischen Aufgaben, im Urteil scharfsinnig. Er besitzt Neigung und Begabung zu begrifflichem und konstruktivem Denken, gutes Einfühlungsvermögen, aber wenig Anschauungskraft und Phantasie. Auch die lebendige Ausdruckskraft des Wortes ist ihm versagt.

Er ist ein lauterer und ausgeglichener Charakter, mit einer natürlichen Bescheidenheit und Tatbereitschaft.

Leistungen: Immer „sehr gut" in Religion, zuletzt auch im Lateinischen und Griechischen, „gut" in fast allen übrigen Fächern.

Im Lager hat er sich gut bewährt.

Lebenslauf

Hierdurch bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1937.

Mein Geburtstag, der 23. Dezember 1917, fällt in den Abschnitt des Weltkrieges, in dem auch der Kampf der Daheimgebliebenen von Monat zu Monat schwerer wurde. Daher war die Sorge meiner Eltern und besonders meiner Mutter - denn der Vater stand noch bis Ende des Krieges im Felde - um mich in meinen ersten Lebensjahren sehr groß. Auf die härteste Not des Krieges folgten die Jahre der Inflation und Besatzung, die besonders für das Rheinland fast ebenso schwer waren wie die vorhergegangenen Kriegsjahre. Die Sorgen meiner Eltern waren vielleicht dadurch etwas gemildert, daß ich das einzige Kind war. Ihre schützende Obhut war daher auch immer besonders gut und liebevoll. - Die Rheinlandbesetzung mit ihren Wirren habe ich natürlich noch wenig innerlich erlebt, wenn ich auch manches davon noch in Erinnerung habe, besonders den Abzug der Engländer aus Köln und die nächtliche Feier der Rheinlandbefreiung vor dem Dom.

Die ganze Zeit meines Lebens bis heute habe ich in meiner Geburtsstadt Köln verbracht, abgesehen von den Ferien, die ich meistens mit meinen Eltern in der Eifel, im Sauerland oder einer andern schönen Gegend des westdeutschen Landes verlebte.

Die erste fühlbare Veränderung brachte in meiner Kinderzeit die Schule. Ich besuchte die Volksschule in Köln-Nippes von Ostern 1924 bis Ostern 1928. Im Jahre 1928 ging in in meiner Pfarrkirche St. Joseph in Köln-Nippes zur ersten heiligen Kommunion. Die Grundschule ist mir nie besonders schwer geworden, und so hatte ich auch Freude daran. Meine Freizeit in diesen Jahren verbrachte ich mit Lesen und Spielen. Beim Spiel zeigte sich neben einem gewissen künstlerischen Gestaltungstrieb ein ausgeprägter Sinn für Ordnung, der mir bis heute geblieben ist.

Die erste wichtigere Entschließung in meinem Leben war die Wahl der höheren Schule. Meine Eltern waren anfänglich im Zweifel, auf welche Schule sie mich schicken sollten. Heute bin ich froh, daß ich auf ein humanistisches Gymnasium gekommen bin. Als ein besonderes Glück betrachte ich es, einer Schule mit so alter und rühmlicher Überlieferung anzugehören, dazu in einer Stadt, in der man die Denkmäler größster deutscher Vergangenheit und höchster Kulturentwicklung in einzigartiger Fülle täglich vor Augen hat.

Zwar hat mich nicht immer das Gleiche in meiner nun fast neunjährigen Schulzeit auf dem Gymnasium angezogen. In den ersten Jahren waren es vor allem die Fremdsprachen; die Beschäftigung mit ihrem formalen Aufbau entsprach gerade meinem Sinn für Klarheit und Ordnung. Erst auf der Mittelstufe trat für mich das inhaltliche und gegenständliche Interesse in den Vordergrund. Die Oberstufe brachte mir bei der Behandlung der altsprachlichen Schriftsteller eine eingehende Klärung grundsätzlicher kultureller und weltanschaulicher Fragen.

Im griechischen Unterricht fesselten mich vor allem die Werke Platons und des Tragikers Sophokles durch ihren tiefen Problemgehalt. Platons geistiger Kampf gegen die naturalistische Auffassung vom Wesen des Menschen machte mich zum ersten Male mit dem Wesen des echten Idealismus in der Philosophie bekannt. Die „Antigone" des Sophokles erschloß mir den tiefen Sinn des Heraklitischen Wortes: „Es leben alle Gesetze von einem, dem Göttlichen". Hier wie überhaupt im altsprachlichen Unterrichte wurde mir immer klarer bewußt, daß erst die Einsicht in ihre letzten Voraussetzungen ein sicheres Urteil über den inneren Wert weltanschaulicher Ideologie gestattet.

Neben dem altsprachlichen Unterricht zog mich während meiner ganzen Schulzeit der Religionsunterricht am meisten an. Aber auch hier vermittelte mir erst der Unterricht der letzten Jahre ein tieferes Verständnis für die in den vorausgehenden Jahren behandelten Gegenstände. Mein Interesse richtete sich hauptsächlich auf die Glaubenslehre, wie sie uns insbesondere Thomas von Aquino [=?] in so herrlicher Weise dargestellt hat; aus seinem Werk erhellt, daß jede tiefere Betrachtung über das Wesen des Menschen und seine Bestimmung von Gott dem Schöpfer ausgehen muß.

In den letzten drei Jahren traten zu den schon genannten Lieblingsfächern Deutsch und Musik. Im Deutschunterricht förderte mich vor allem die Lektüre unserer Klassiker. Freilich entging mir dabei auch nicht die Blickverengung der verschiedenen Humanitätsideale, wenn sie die Übernatur völlig außer Betracht lassen. Bei einem Vergleich von Goethes Faustdichtung mit Wolframs „Parzival" zeigt sich deutlich die Weite und Universalität der christlichen Weltanschauung gegenüber der betonten Diesseitigkeit der Goetheschen Klassik.

Eine Arbeitsgemeinschaft vermittelte mir den inneren Zugang zur religiösen Kunst und lehrte mich u.a. die Werke der Altkölner Malerschule, vor allem Stephan Lochners, genauer kennen.

Was mir die Jahre der Oberstufe gegeben haben, kann ich in seinem Wert für meine innere Entwicklung kaum hoch genug einschätzen. Sie lenkten mein ganzes Tun und Trachten erst in eine feste Richtung, sie brachten mir Klarheit über Ziel und Bestimmung des Menschen, ließen mich tiefere Fragen erst sehen und halfen sie beantworten, sie zeigten mir die Fülle und Tiefe des deutschen Geisteslebens in Dichtung und bildender Kunst, sie gaben mir die klare und feste Ausrichtung auf das Ewige.

Diese Festigung und Klärung ist sicher nicht ausschließlich die Wirkung des Unterrichts in den genannten Fächern, aber bestimmt zu einem großen Teil. Den andern Anteil aber hat das Elternhaus und die Kirche.

Das Leben im Elternhaus war ruhig und von keiner außerordentlichen Erschütterung heimgesucht. Auch waren - Gott Danke - Krankheiten selten in unserer Familie. Die Erziehung im Elternhaus wirkte im ganzen weniger durch Worte als durch das schlichte Beispiel.

Vom entsprechenden Alter an wurde ich von meinen Eltern stets zum Besuch des Gottesdienstes angehalten. Es bedurfte dabei keines Zwanges, da ich mich bald innerlich dazu angetrieben fühlte. Ich fand Freude an einer großen kirchlichen Feier wie auch an einer stillen Zwiesprache mit Gott. Ich lernte echte Priester kennen, die mir in meinem religiösen Leben Vorbild waren. Ich fühlte mich schon immer hingezogen zum religiösen Wort und zum religiösen Buch, vor allem zum Wort Gottes, zur Bibel. Gerade einzelne Stellen des Neuen Testaments, besonders des Johannesevangeliums und der Briefe Pauli, ewige Wahrheiten aus dem Munde des Herrn oder seines Apostels, haben mich mit ihrer ganzen Gewalt und Schönheit ergriffen.

Wenn wir einen Tag unseres Lebens immer wieder feiern sollen, dann ist es der Tag unserer Taufe, an dem wir zu Gotteskindern wurden, benannt nach dem Namen eines Heiligen. Diesen meinen Patron, den heiligen Franz von Sales, habe ich zu meinem Vorbild erwählt: er war unerschütterlich und felsenhart im Glauben und in seinem Willen, aber alles tat er im Geiste der Liebe. Er suchte die Wissenschaft und Kunst mit der Religion zu einer großen Harmonie zu vereinigen und sah in allem Werthaften die Spur Gottes; aber im Mittelpunkt seines Denkens und Handelns stand Gott selbst.

So möchte ich bei einem ersten Rückblick auf mein Leben mit einem Gefühl tiefer Dankbarkeit an die göttliche Vorsehung gestehen, daß sie mich trotz der innern Kämpfe, die in keinem Leben fehlen, in liebevollster Weise geführt hat, und sie bitten, daß sie mich auch zu dem Beruf führen möge, der in besonderer Weise ein Geschenk göttlicher Gnade ist.

Als Wahlfach für die mündliche Prüfung nenne ich Religionslehre.

Ich habe vor, Theologie zu studieren.

Ich bitte, auf dem Reifezeugnis mein Religionsbekenntnis zu vermerken.