DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1932

1.) Vom Brief und vom Briefschreiben

2.) Mein Verhältnis zum Roman und zum lyrischen Gedicht

3.) Bericht über eine öffentliche Veranstaltung (Versammlung, Konzert, Schauspiel, Vereinsfeier oder dergl.)

4.) Vergessen und Vergeßlichkeit (Erlebnis, Charakteristik oder Abhandlung)


Beurteilung

B., Herbert

ist erst im Laufe der Untersekunda zum Dreikönigsgymnasium gekommen. Der Vater hat aus dem polnisch gewordenen Teile Oberschlesiens auswandern müssen, und bei dem oftmaligen Wechsel der Schule hat bei dem Sohne die formale Durchbildung der Mittelklassen gelitten. Er hat immer viel Mühe gehabt, den Anforderungen in den sprachlichen Fächern zu entsprechen, hat aber fleissig und gewissenhaft gearbeitet, um die Lücken möglichst auszufüllen. Gute Anlage hatte Bernatzky für die Naturwissenschaften und die Mathematik. Er ist ein freundlicher Mensch, der seinen Mitschülern stets ein guter Kamerad war.

Lebenslauf

Hierdurch bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1932.

Am 23. August 1912 wurde ich in Schlesiengrube, Kreis Beuthen, als Sohn des Volksschullehrers Paul B. geboren. Hier verlebte ich meine früheste Jugend. Ostern 1919 trat ich in die Volksschule ein. Während der ersten drei Jahre war der Unterricht sehr unregelmäßig, da infolge der Abstimmung und der jährlich im August sich wiederholenden Polenaufstände die Schule oft geschlossen wurde. Während des Aufstandes im Jahre 1921 wurden meine Eltern gezwungen, Schlesiengrube zu verlassen. Wir flohen nach Neisse zu Verwandten. Nach dem Genfer Schiedsspruch vom 20. Oktober mußten wir wieder zurück. Im April 1922 sind wir endgültig nach Neisse übergesiedelt; denn im Juni erfolgte die Übergabe dieses Teiles von Oberschlesien an Polen. In Neisse besuchte ich noch ein Jahr die Volksschule. Ostern 1923 bestand ich die Aufnahmeprüfung in die Sexta des Staatlichen Gymnasiums Carolinum in Neisse. Diese Schule besuchte ich bis Untersekunda. Dann kam ich nach Köln, da mein Vater nach einer sechsjährigen Wartezeit hier eine Anstellung erhalten hatte. Die Umschulung war für mich mit einigen Schwierigkeiten verbunden. In Neisse hatte ich seit Quarta Englisch gehabt. In Köln wurde aber französischer Unterricht erteilt. Ich mußte also drei Jahre Französisch nachholen. Den Unterricht erteilte mir ein Obersekundaner der Realabteilung. Nach einem Jahr hatte ich den Stand der Klasse ungefähr erreicht. Aber das Französische bereitet mir immer noch große Schwierigkeiten. Seit Obersekunda kann ich auch im wahlfreien Unterricht meine englischen Kenntnisse wieder verwerten.

Außerhalb der Schule gilt mein Hauptinteresse der Technik und der Mathematik. In meiner Freizeit beschäftige ich mich sehr viel mit Basteln, hauptsächlich mit Radiobasteln. Die Anregung dazu erhielt ich von meinem Physiklehrer in Neisse. Er behandelte mit uns in Obertertia die Grundbegriffe der drahtlosen Telephonie und half uns auch persönlich beim Bauen und Ausprobieren der Geräte. Aber ich beschäftige mich nicht nur praktisch sondern auch theoretisch mit dem Radio. Die Mathematik betreibe ich in engster Anlehnung an den Schulunterricht. Besonderes Interesse habe ich an der sphärischen Trigonometrie. Meine Lektüre ist natürlich durch meine Hauptbeschäftigungen bedingt. Vornehmlich habe ich solche Bücher gelesen, die sich in irgendeiner Form mit der Technik oder dem Radio befassen. Sehr gern habe ich auch Reisebeschreibungen gelesen wie z.B. Sven Hedin oder Stanley. Im letzten Jahr habe ich auch häufig meine deutsche Schullektüre ergänzt z.B. von Konrad Ferdinand Meyer und von Storm.

In Neisse trat ich in das humanistische Gymnasium ein, da ich die feste Absicht hatte, nach dem Abitur Theologie zu studieren. Ich wollte aber niemals Weltgeistlicher werden sondern Religionslehrer. Nebenbei wollte ich noch Mathematik und Physik studieren. Als Vorbild hatte ich meinen Religionslehrer in Neisse, der gleichzeitig auch mein Mathematik- und Physiklehrer war. Seit Tertia trat der Gedanke an ein Theologiestudium immer mehr in den Hintergrund. An der Philologie habe ich aber festgehalten. Nach der Reifeprüfung beabsichtige ich, Mathematik und Physik zu studieren. Deshalb möchte ich auch in der Reifeprüfung meine besondere Leistungsfähigkeit in Mathematik beweisen. Auf meinem Reifezeugnis bitte ich mein Religionsbekenntnis anzugeben.