DKG (Köln)

Gesamtbeurteilung der Klasse 8b (1942)

Die Klasse

Die Klasse 8 b besteht aus 14 Schülern, 6 sind bereits zum Heer bzw. Arbeitsdienst eingezogen. Die Begabung ist durchschnittlich, nur wenige sind gut begabt. Im allgemeinen zeigt die Klasse mehr Begabung und Interesse für Naturwissenschaften, weniger für Sprachen. Demzufolge haben auch die meisten erwählten Berufe mit den Naturwissenschaften zu tun: Arzt 4, Chemiker und Apotheker 4, Ingenieur 1, Landwirt 1, Jurist und Volkswirt 2, Offizier 2.

Von den 14 Schülern sind 12 von Sexta an auf dem Dreikönigsgymnasium, davon 2 mit Unterbrechung, 2 sind in der Mittelstufe von auswärts hinzugekommen.

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1942

1.) Die Bedeutung der Biologie für die nationalsozialistische Weltanschauung und Staatsführung.

2.) Welche Einflüsse haben meinen bisherigen Entwicklungsgang entscheidend beeinflußt und in welchem Sinn?

3.) Ein mir besonders wertvolles Buch.


Beurteilung

Schüler H., Albert

war anfangs als Schüler ein nicht einfach zu behandelnder Charakter, hat sich aber in den letzten Jahren wie selten ein Schüler zu einer ausgeglichenen Persönlichkeit entwickelt. Schon früh fühlte er sich zur Natur hingezogen. Durch viele Wanderungen mit den Eltern, später auch mit Kameraden und in der Landhilfe wurde die Naturverbundenheit gefördert. Besondere Vorliebe zeigt er auch für Musik. In seiner Freizeit beschäftigt er sich gern mit Literatur, naturwissenschaftlichen Büchern, Reisebeschreibungen und Romanen. Seine Berufswahl: Arzt entspricht ganz seiner inneren Veranlagung.

Seit 1937 gehört er dem D.J. an. Er ist Fahrtenschwimmer.

Lebenslauf

Den Herrn Direktor des staatlichen Dreikönigsgymnasiums bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung zum Ostertermin 1942.

Ich wurde geboren am 11. November 1923 zu Köln als erster Sohn des Kaufmanns Albert H. und seiner Gattin Margot geb. M.. Mein Bekenntnis ist römisch-katholisch. Der volle Name lautet Heinrich, Friedrich, Jakob, Albert Huhn. Von 1930-1934 besuchte ich die Volksschule Balthasarstraße. Ostern 1934 stand ich zum ersten Mal im Gebäude des Dreikönigsgymnasiums. Als aufregender Zwischenfall im Schulleben während der ersten Jahre ist mir das Eintreffen eines blauen Briefes in meinem Gedächtnis haften geblieben. 1935 trat ich in das Deutsche Jungvolk ein, dessen Dienst mir viel Freude bereitete. Vor allem sind mir einige Fahrten unter unserem Fähnleinführer Hans Torkler in Erinnerung geblieben. Im Herbst 1938 wurde ich als Zugführer in die H.J. überwiesen, der ich auch heute noch angehöre. Von meinen Eltern wurde mir eine strenge Erziehung zuteil. Ich verdanke ihnen, daß sie mich in strenger Zucht gehalten haben, mir aber in den richtigen Grenzen die nötige Freiheit gewährten. Sie waren immer darauf bedacht, mir eine gediegene Grundbildung zu geben und haben für dieses Ziel es weder an Zeit noch an Opfern fehlen lassen. Sie waren in solcher Weise um meine Ausbildung besorgt, daß sie mich nicht das Klavierspiel lernen ließen, da ich in den unteren Klassen sehr schwach in meinen Leistungen war. Heute bedaure ich diesen Mangel sehr, da ich der Musik mit Leib und Seele verschrieben bin. Normalerweise hat die Schule neben Elternhaus und Kirche den größten Einfluß auf den jungen Menschen. Als ein besonderes Glück habe ich es immer empfunden, daß wir in den Naturwissenschaften keinen Lehrerwechsel hatten. Daher sind die Durchschnittsleistungen unserer Klasse in Biologie und Chemie besonders gut. Durch den Umgang mit Freunden habe ich mir manche Kanten meines Wesens abgeschliffen. Auf zwei Großfahrten, die ich mit Freunden zu Rad unternommen habe, lernte ich einzelne deutsche Landschaften kennen. 1940 waren wir zu drei Freunden auf freiwillige Meldung hin in Thüringen zum Erntedienst. Erst später haben wir eingesehen, wie wichtig die Arbeit auf dem Lande für den Städter ist. Daneben lernten wir die schnöde Gewinnsucht einiger Bauern kennen. 1941 führte uns eine Radtour in die Alpen. Von jeher hat die Natur auf mich besonderen Eindruck gemacht. In den Ferien unternahm ich mit meinem Vater weite Wanderungen. Das Wild beobachteten wir an verschwiegenen Plätzen. So schwärmte ich immer für den Försterberuf. Aber bald ebbte diese Leidenschaft ab und machte dem Wunsche Platz, Arzt zu werden. In der Schule gehören Chemie und Biologie zu meinen Lieblingsfächern. Es reizt mich, das Kranke in der Welt in seine Schranken zu weisen und dadurch vielen Menschen Heilung zu bringen. Außerdem traf ich diese Berufswahl, weil ich vor allem einen freien Beruf möchte. In meiner Freizeit, die in der siebten und achten Klasse sehr beschränkt war, beschäftigte ich mich mit Musik, Sport und Lektüre. Am liebsten lese ich Bücher über naturwissenschaftliche Probleme, historische Romane und Reisebeschreibungen. Ein Arzt braucht wie selten ein anderer die Ausspannung. Ich denke sie mir in der Musik zu finden. Im Sport galt mein Interesse der Leichtathletik, dem Schwimmen und dem Fußball. 1938 erwarb ich das Reichs-Jugend-Sportabzeichen. Im selben Jahre erhielt ich das Fahrtenschwimmerzeugnis. Für die Reifeprüfung habe ich Biologie als Wahlfach angegeben.

Nach Bestehen der Reifeprüfung werde ich voraussichtlich zur Wehrmacht eingezogen. Der siegreiche Ausgang dieses Krieges wird hoffentlich meinen Berufswunsch in Erfüllung gehen lassen.

Abituraufsatz

Deutsche Prüfungsarbeit.

Welche Einflüsse haben auf meinen bisherigen Entwicklungsgang entscheidend gewirkt und in welchem Sinn?

Gliederung:

I. Eltern und Mitmenschen.

II. Kirche.

besser in umgekehrter ReihenfolgeIII. Materialismus.

IV. Musik und Literatur
.

V. A. ZeitgeschehenStellung zur Zeit .

Zwei Fragen sind im Thema enthalten. 1.) Welche Einflüsse haben auf meinen bisherigen Entwicklungsgang entscheidend gewirkt? 2.) In welchem Sinn? Ich könnte die Einflüsse in zeitlicher Reihenfolge gliedern oder nach ihrer Bedeutung. Das Erste ziehe ich vor, obwohl sich die Einflüsse zeitlich manchmal überschneiden. Am Anfang der Betrachtung müßte eigentlich der Charakter stehen, aber ich nehme mir nicht heraus, über meinen Charakter zu urteilen.

Meistens werden Ideale von Persönlichkeiten vertreten und sind keine toten Begriffe. Ich bin zuersst mit Idealen, die auf mich entscheidend gewirkt haben, durch meine Eltern bekannt geworden. Von ihnen bin ich zur Kirche geführt worden, sie haben mich zum Pflichtbewußtsein, zum Gehorsam und zur Wahrheitsliebe erzogen. Mein Vater hat mit mir zuerst über Gott und über den Staat gesprochen und nur durch sein Beispiel gezeigt, wie man beiden gerecht wird. Ich habe ihn immer gottesfürchtig und vaterlandsliebend gesehen. Das hat, rückschauend, auf mich den ersten großen Eindruck gemacht, und ich wollte daher, als ich in der Volksschule war, nur meinem Vater nacheifern, und war vorerst durch nichts von diesem Ziel abzubringen.

In dieser Zeit hat daneben auch die Kirche entscheidenden Einfluß auf mich gehabt. Durch einen einzelnen Menschen, einen jungen Kaplan, bin ich zur Frömmigkeit und zu christlicher Nächstenliebe angehalten worden. Noch war ich fest im Glauben und sah es als die schönste Lebenserfüllung an, Priester zu werden.

Dann wurde ich mit schlechten Freunden bekannt Z._ und das schlug den ersten Spalt in mein Herz. Er wurde vergrößert durch die materialistische Weltanschauung, die ich durch die Biologie erhielt. Ich glaubte mit dem Materialismus die tiefsten Weltgeheimnisse lüften zu können. Funktionierte alles auf den Menschen erklärliche Weise, dann konnte ich das Wirken Gottes an keiner Stelle feststellen. Die Biologie hat aber anfangs nicht nur in diesem Fl. schle...schechten Sinn auf mich gewirkt, sondern sie hat mich auch zum klaren und gründlichen Sehen erzogen. Ich habe durch sie das Leben als einen „Kampf ums Dasein" auffassen gelernt. Ich war in dieser Zeit von einer tiefen Zerrissenheit erfüllt und sah keinen Ausweg. Ich habe immer wieder Ansätze gemacht, um zur Kirche zurückzufinden, aber vorerst ohne Erfolge. Immer legte sich die materialistische Weltanschauung wie ein reißender Fluß zwischen mich und Gott und sprengte die eben begonnene Brücke. Ich habe den Kampf still für mich ausgefochten und habe mich selten einem Menschen mitgeteilt, weil ich keine Hoffnung hatte, einen verständigen Menschen anzutreffen, und ich Angst hatte vor einem unverständigen Kopfschütteln. Erst allmählich wurde ich ruhiger und klarer. Dazu verhalf mir die Kraft, die von den Menschen ausging, die das Leben mit Gott gemeistert hatten, und das abschreckende Beispiel derer, die ohne Gott untergegangen waren. Im letzteren Sinn wirkte zum Teil auch der Nationalsozialismus auf mich.

Kraft schöpfte ich aus der Literatur und aus der Musik. Besonders an Goethes „Faust" richtete ich mich auf. Albert Schweitzer hat mir mit seiner „Ehrfurcht vor dem Leben" gezeigt, wie es möglich ist, biologisch-materialistische Lebensauffassung mit christlicher Nächstenliebe zu vereinigen. Auch die Musik trug viel dazu bei, A. daß ich nicht nur ... bliebnicht nur im Irdischen verhaftet zu bleiben . Beethoven und Mozart haben starken Einfluß auf mich ausgeübt. Beethoven, weil er in seiner Musik die Welt überwindet, Mozart als Vorbild einer harmonischen Weltanschauung, die den Ausgleich zwischen Materialismus und Idealismus in sich trägt.

So stehe ich heute dem Zeitgeschehen mit anderen Augen gegenüber. Gott ist mir der höchste Begriff geworden. Von ihm sind mir auf der Erde Aufgaben gestellt, die ich zu erfüllen habe. Durch ihn bin ich als Deutscher geboren. Für ein starkes Deutschland setze ich mich ein. Dem Leben gegenüber zeige ich Ehrfurcht und handle so, wie es mir mein Gewissen vorschreibt.

Die Arbeit zeigt in klarer Sprache die innere Entwicklung des Vf. und die sie bestimmenden Einflüsse. Nur im letzten Teil hätte man gern etwas mehr Farbe und Einzelheiten des „Zeitgeschehens".

voll befriedigend (III+)

7.3.42

Klassenleistungen: III