DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1931 (Gymnasium)

1.) Die Maschine als dienende Kraft oder als beherrschende Macht

2.) Was bedeutet Goethe mir und den Menschen meines Lebenskreises? (Als Aufgabe zum 100. Todestag am 22. März 1932 gedacht.)

3.) Was ich an Erbgut von meinen Vorfahren besitze. (Zur Einführung dient das Gedicht von Ludwig Finck: „Der Urahn“.)

4.) Sportkämpfer oder Sportplatzzuschauer? Zur Psychologie der Sportbegeisterung.


Beurteilung

H., Robert-Georg

ist als einziges Kind der Familie über seine Jahre verständig. Er ist viel gereist und hat infolge vielfacher Versetzungen seines Vaters sich in manchen Gegenden Deutschlands umgesehen. So hat er einen offenen Blick für die Umwelt, hat sich in der Politik und in Wirtschaftsfragen vielfach umgesehen. Er übt an seiner Umgebung, auch an seinen Mitschülern gern freundschaftliche Kritik, die geleitet wird von einem sehr deutlichen Widerwillen gegen alle Unwahrhaftigkeit. Seine Leistungen waren seiner leichten und sicheren Auffassungsgabe entsprechend in den meisten Fächern gut. Er war mehrere Jahre Obmann der Schulgruppe des V.D.A.

Lebenslauf

Hierdurch bitte ich um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1932.

Ich wurde am 21. Juli 1913 zu Straßburg im Elsaß geboren als Sohn des damaligen Regierungsbaumeisters bei der Reichseisenbahnverwaltung Elsaß-Lothringen Emil H. Ich habe keine Geschwister. In frühester Jugend lernte ich neben der deutschen Sprache auch die französische, wie es im Elsaß vielfach üblich war. Aber im Lauf des Krieges sprach man nur noch deutsch, und leider habe auch ich seit der Zeit das Französische als Umgangssprache ganz vernachlässigt. Nach dem Einzuge der Franzosen zog mein Vater, obwohl Altelsässer, im Mai 1919 freiwillig aus. Er ging in den Dienst der preußischen Staatsbahn, später der Deutschen Reichsbahngesellschaft über. Zunächst lebten wir ein Jahr lang in Elberfeld. Hier wohnten wir in einem Haus, das mitten zwischen Bauernhöfen lag, und ich verbrachte die meiste Zeit im Umgang mit den Bauernkindern in Ställen, Scheunen und im Freien. Ostern 1920 kam ich auf die Volksschule. Aber nach vier Wochen schon wurden wir nach Oldenburg versetzt. Ich kam auf die dort damals noch bestehende Vorschule. Auch hier hatte ich wieder Gelegenheit mich bei einem Freund, mit dem ich heute noch in Briefwechsel stehe, obwohl ich ihn seither nicht mehr gesehen habe, auf einem größeren Gut zu betätigen, was mir natürlich grade in dem Alter viel Spaß machte. Im Herbst 1921 zogen wir nach Halberstadt. Dort kam ich auf die Vorschule des Gymnasiums und trat Ostern 1923 in die Sexta des Domgymnasiums ein. Damals wurde eigentlich zuerst mein Interesse an der Geschichte geweckt, und zwar vor allem dadurch, daß ich, angeregt von unserem Klassenlehrer, der uns oft aus der neueren Geschichte Deutschlands erzählte, verschiedene Knabenbücher mit geschichtlichem Inhalt las. Daneben waren Abenteuergeschichten, etwas später vor allem Karl May, mein Lieblingsstoff. Ostern 1925 kamen meine Eltern nach Köln, und hier trat ich (Ostern 1925) in die Quarta a. des Dreikönigsgymnasiums ein.

In den folgenden Jahren war es wieder die Geschichte, die mir besondere Freude machte. Ich habe damals sehr viele Bücher vor allem über die preußische Geschichte gelesen. Aber in den letzten Jahren ist es hauptsächlich die jüngste Vergangenheit und die Gegenwart, die mich interessieren. Deshalb lese ich auch schon seit Jahren regelmäßig den politischen Teil der Zeitung, meistens sogar zwei Zeitungen, weil man daraus mehr Anregung schöpfen kann. Dazu kommen dann noch die alte und die neue Reichsverfassung, Länderverfassungen und ähnliche Gesetzessammlungen, mit denen ich mich gern beschäftige, und auch im BGB und anderen juristischen Büchern habe ich schon ganz gerne geblättert ohne etwas von der Trockenheit oder gar Langweiligkeit zu empfinden, die man so oft der Juristerei zum Vorwurf macht. In letzter Zeit habe ich angefangen mich auch mit Wirtschaftsproblemen zu befassen, die ja heute nicht minder wichtig sind. Mit viel Interesse habe ich Reiners' Buch "Die wirkliche Wirtschaft" gelesen, das eine gute Einführung in die Volkswirtschaftslehre gibt.

An sonstiger Literatur habe ich außerhalb der Schule nicht sehr viel gelesen. Recht gerne allerdings lese ich Romane, denen moderne Probleme zu Grunde liegen. Ganz besonders hat mir der "Bonze" von Felix Riemkasten gefallen. Zur Abwechslung dienen dann zuweilen leichtere Stoffe.

In der Schule sind es dann noch die Sprachen, die ich ganz gerne betreibe, Latein besonders deshalb, weil sich bei den Schriftstellern wie Horaz, Seneca, Cicero immer Stellen finden, die auch noch auf die heutige Zeit Anwendung finden können oder zu interessanten Vergleichen und Erörterungen Anlaß geben. Die neuen Sprachen kommen natürlich auf dem Gymnasium nicht so zur Geltung, aber später will ich doch, wenn möglich durch vorübergehendes Studium im Ausland, meine Sprachkenntnisse erweitern. Auf Obersekunda habe ich auch ein Jahr lang an einer spanischen Arbeitsgemeinschaft teilgenommen. Seit einigen Wochen betreibe ich im Selbststudium Stenographie.

Abgesehen von dem häufigen Wohnungswechsel, habe ich auch durch verschiedene Reisen Deutschland und das angrenzende Ausland kennengelernt. Vor einigen Jahren führte mich eine Reise durch Mittel- und Norddeutschland bis nach Kopenhagen und Südschweden. Vor allem war ich verschiedentlich im Elsaß und im Schwarzwald, außerdem auch in Bayern, Tirol und in der Schweiz. Im vorigen Jahr war ich in Belgien auf der Weltausstellung und an der See. Im letzten Sommer bin ich auf einer Reise über Stettin bis Königsberg gekommen. Ich habe diese Reisen meistens mit meinen Eltern zusammen gemacht, in den letzten Jahren teilweise auch allein. Im allgemeinen gefielen mir neuere Großstädte wie Mannheim, Hannover, Basel, Brüssel besser, als die mittelalterlichen deutschen Kleinstädte. Auch für Kirchenbauten habe ich im großen und ganzen weniger Interesse, als für moderne und allerdings auch alte Profanbauten.

Es steht schon lange bei mir fest, daß ich Jura studieren werde. Zu dem Interesse am Stoff kommt hier noch eine gewisse Freude am Reden, ein gewisser Oppositionsgeist, aus dem heraus ich mich oft gerne in längere Debatten im Freundeskreis einlasse. Auch ein gewisses Gerechtigkeitsempfinden, das man ja den Alemannen überhaupt nachsagt, ist vielleicht vorhanden. Wenn ich etwas über meine späteren Absichten sagen will, so muß ich an das vorhin über mein Interesse an Politik und Staatsbürgerkunde Gesagte anknüpfen. Am liebsten würde ich in den auswärtigen Dienst oder in die innere Verwaltung gehen, da man hier am meisten mit diesen Dingen in Berührung kommt. Daneben kommt natürlich die Justizverwaltung oder der Rechtsanwaltsberuf in Frage, wo man ja auch in nächster Fühlung mit politischen und anderen Tagesfragen bleibt.

Bei der Reifeprüfung möchte ich meine besondere Leistungsfähigkeit in der Geschichte, insbesondere auf dem Gebiet der Staatsbürgerkunde erweisen.

Ich bitte mein Religionsbekenntnis auf dem Reifezeugnis zu vermerken.