DKG (Köln)

Vorschläge für den deutschen Aufsatz der Reifeprüfung 1932

1.) Vom Brief und vom Briefschreiben

2.) Mein Verhältnis zum Roman und zum lyrischen Gedicht

3.) Bericht über eine öffentliche Veranstaltung (Versammlung, Konzert, Schauspiel, Vereinsfeier oder dergl.)

4.) Vergessen und Vergeßlichkeit (Erlebnis, Charakteristik oder Abhandlung)


Beurteilung

S., Ludwig

hat eine nur geringe Auffassungsgabe und neigt zu grosser Flüchtigkeit. Er hat auch nicht Fleiss und Stetigkeit genug aufgebracht, um die vielen Lücken, die er von den Mittelklassen in die Oberklassen mitbrachte, auszufüllen. Er ist ein freundlicher junger Mensch, beliebt unter seinen Mitschülern und stets hilfsbereit, aber er hat keine Ausdauer. Seine Leistungen befriedigten in den Hauptfächern nicht.

Lebenslauf

Als Schüler der Oberprima des Staatlichen Dreikönigsgymnasiums bitte ich hiermit höflichst um Zulassung zur Reifeprüfung im Ostertermin 1932. Mehrere Gründe lassen mich zu diesem Entschluß kommen. Zunächst die Freude, nach so langer Schulzeit endlich den Beruf ergreifen zu können, den ich als den meinen erkannt habe. Dann freue ich mich auch, daß ich meinen Eltern die großen Opfer meines Unterhaltes ersparen und ihnen recht bald mein selbstverdientes Geld bringen kann. Dann will ich ihnen durch die richtige Berufswahl eine Enttäuschung gutmachen, die ich ihnen ungewollt bereitete. Als ich zwölf Jahre alt war, faßte ich nämlich den Entschluß Priester zu werden. Doch habe ich eingesehen, daß ich hierzu nicht berufen bin.

Ab Ostern 1918 besuchte ich die Elementarschule in der Turmstraße zu Köln-Nippes. Zu Ostern 1922 bestand ich die Aufnahmeprüfung für das städt. Realgymnasium in Köln-Nippes, das ich bis Oktober 1925 besuchte. Damals ging ich als Missionsschüler in das Lazaristenkloster zu Niederprüm. Anfangs war der Unterricht dort sehr ungeregelt, da alle Schüler von verschiedenen Schulen kamen. Im März 1928 legte ich dann eine Prüfung für die staatliche Reginoschule zu Prüm ab. Ich hatte damals schon Bedenken wegen meines Priesterberufes, doch erst Weihnachten 1930 faßte ich den Entschluß aus dem Kloster zu gehen. Da meine Eltern die Kosten für eine Privatpension nicht aufbringen konnten, mußte ich leider wieder die Schule wechseln. Daher besuche ich nun seit Ostern 1930 das Dreikönigsgymnasium. Es war immer schwer sich den verschiedenen Lehrmethoden anzupassen. In Griechisch allein haben mir neun verschiedene Herren Unterricht erteilt. Doch ist Griechisch immer mein Lieblingsfach gewesen. Der schöne Klang der Sprache hat mich stets begeistert. Ich möchte auch in diesem Fach besondere Leistungen vollbringen. Leider werde ich es in meinem Berufe nicht verwenden können, denn ich möchte die Beamtenlaufbahn einschlagen, und dort werde ich alte Sprachen wohl nicht verwenden können.

Mit großem Interesse verfolge ich die wirtschaftlichen und politischen Ereignisse in der Zeitung. Jeder Parteipolitik habe ich mich bis heute jedoch ferngehalten. Auch lese ich die Zeitung erst seit zwei Jahren, denn in Prüm war jedes Lesen einer Zeitung verboten. Auch die Bücher unterlagen einer strengen Zensur. Mein Deutschlehrer am Gymnasium lieh mir aber immer Bücher, die ich dann heimlich las. So zum Beispiel die Buddenbrooks und Storms Werke. Auch heute lese ich, wenn ich nur eben Zeit habe. Das meiste Interesse hab ich bei der Lektüre von Storms Werken, zu dessen Novellen ich gerne wieder zurückgreife. Großes Interesse habe ich auch an der Musik. Leider habe ich nie Gelegenheit gehabt ein Instrument zu erlernen. Doch wenn es eben geht, werde ich das noch nachholen.