Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 14. November 1939
14. November 1939
Liebes Frauchen!
Zuerst einen recht herzlichen Gruß und festen Kuß von Deinem Mannchen. Und dann muß ich meiner Freude Luft machen über die schönen Nachrichten aus Deinem Brief vom Zehnten. Bei Herrn Pamp [Kollege] habe ich mich schon bedankt. Also, Frauchen schwimmt in Geld. Hoffentlich habe ich noch Gelegenheit, den Wintermantel diesen Winter zu kaufen.
Aber hier brauch ich ja keinen, vielmehr habe ich einen so schönen braunen Mantel mit einer gewissen gelben Armbinde sogar. Die kann ich auf meinem Zivilmantel nicht tragen. Gestern Abend war es wirklich nett. Der stellv. Kompanieführer, der stellv. Spieß, der Kammer-Uffz., meine Kameraden und ich, fast alle alte Jugendbewegte, hatten einen zünftigen Abend in der Schreibstube. Gesungen haben wir, daß die Wände wackelten. Es war wirklich fein. Auch haben wir uns beim Rundfunk für das nächste Wehrmachtswunschkonzert ein Lied gewünscht: „Wer uns getraut, dem sag' ich's laut“! Dieses Lied wohl in der Hauptsache deshalb, weil unser Spieß Hochzeit hat. Das Lied ist bestimmt für die „Lieben in der Heimat“. - Also auch ganz
besonders für Dich und Dorotheechen. „Ganz besonders“ deshalb, weil wir uns sooo viel liebhaben. Da kann keiner dran rütteln. Es wäre nett, wenn Du mal bei den nächsten Wehrmachtswunschkonzerten zuhören könntest. Vielleicht hörst Du dann unseren Gruß. Weihnachten möchte ich ja riesig gern zu Hause sein. Ich denke mir das schon aus, wenn Dorotheechen unterm Weihnachtsbaum mit seinem Puppenbettchen herumhantiert. Hoffentlich geht unser gemeinsamer Wunsch in Erfüllung. Schade nur, daß ich dann mit leeren Händen - zum erstenmal — kommen muß. Aber das soll uns nichts von der Freude nehmen.
Ich hoffe stark, daß Du mit meinem jetzigen Brieftempo einverstanden bist. Du mußt doch selbst sagen, daß ich mich angestrengt habe. Als „Gegenleistung“ mußt Du mir aber jetzt auch den Gefallen tun und mal zur Klinik oder zum Arzt gehen.
Und nun liebe Elsbeth, wünsche ich Dir zu Deinem Namenstag alles Gute und Schöne.
Ich schenke Dir mich ganz selbst und bleibe in Gedanken immer, immer bei Dir.
Dein Hannes.
Ich fand in einer Zeitschrift (Koralle) den beiliegenden Artikel. Wenn der Film in Godesberg läuft, wirst Du ihn Dir doch sicher ansehen.