Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 11. März 1940

11. März 1940

Liebe Elsbeth

Zuerst mal herzliche Grüße vom „gelobten" Lande. Von den Gefühlen, die im Schwarzen Korps beschrieben waren bezüglich Rückweg zur Front, habe ich nichts gemerkt. Wohl habe ich erfahren müssen, daß der Urlaub dieses mal teuer erkauft war. Aber es war auch so schön, daß man ja etwas dafür in Kauf nehmen mußte.

Also, stell Dir vor. In Bonn Aufenthalt, in Euskirchen Aufenthalt, in G. „riesigen" Aufenthalt. Dabei wurde in einem Gedränge meine Tasche, wo ich alles, auch die Bücher drin hatte, mit einer fremden Tasche vertauscht. Meinen Schrecken kannst Du Dir vorstellen. Eine Stunde lang bin ich auf dem Bahnhof herumgelaufen und habe alle angehauen, wollte zum Bahnhofsoffizier, dem Bahnhofsvorstand, aber es war mittlerweile schon 5 Uhr morgens und keiner da. Um 7 Uhr landete ich dann glücklich in der Unterkunft. Ohne Schlaf und mit hungrigem Magen und Ärger über das Mißgeschick mußte ich mich sofort über die Wehrsoldlisten her­machen. Zu allem Überfluß rief auch noch das Batl. an und befahl mich für mittags 2 Uhr nach W. Also mittags noch immer keine Minute Ruhe.

Jetzt kommt noch hinzu, daß mir auch die 10,- RM abgesprochen wurden. Ich lege die Quittung mit einem Vermerk des Truppenarztes bei, daß die Wehrmacht

die Kosten nicht übernimmt.

Der Uffz. sagte mir, damit sollte ich (oder Du) in der Heimat zu meiner Krankenkasse gehen, die solche Rechnungen noch übernähme. Ein Ersatz seitens der Wehrmacht käme nicht infrage, da ich nicht den vorgeschriebenen Weg über den Truppenarzt oder sonst ein Lazarett genommen hätte. Also versuch es doch mal bitte bei dem Meurers.

Jetzt nochmal zu der Tasche. In der fremden Tasche fand ich eine Adresse, mit deren Hilfe ich wohl meine Sachen wieder bekommen werde. Da aber in meiner Tasche ebenfalls meine Adresse, aber noch auf einem alten Ausweis unter Burgstr. 89, ist, ist es ja möglich, daß der fremde Soldat (Walter Weigel) dorthin schreibt. Am besten informierst Du daher sofort meine Eltern entsprechend, wenn sie etwas hören sollten.

So, liebe Elsbeth, nun ist dieser Brief etwas anders ausgefallen, als Du Dir den ersten Brief wahrscheinlich vorgestellt hast. Aber, wir wollen uns das doch den schönen, herrlichen Urlaub nicht verdrießen lassen. Ich grüße und küsse Dich recht innig und bitte Dich noch, auf Dorotheechen recht gut acht­zugeben, damit es nicht immer mehr Beulen ans Stirnchen bekommt.

Und nun nochmals einen kräftigen Kuß im Gedenken an die wunderschönen Tage von Deinem

Hannes

Zeitschrift der SS, die an Soldaten verteilt wurde.