Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 11. Mai 1941

11. Mai 1941

Meine liebe, liebe Elsbeth!

Ich bekam jetzt einige Briefe von Dir, aus denen ich ersehe, daß es Dir wieder schlecht geht. Anders kann ich mir nicht denken, als Du Dich überarbeitet hast. Wenn Du wieder so weit bist, dann laß’ es doch einfach sein, denn was nutzt es denn, wenn Du auf der einen Seite etwas geschafft hast und dafür 8 oder 14 Tage gar nichts tun kannst. Erstens ist es „unproduktiv“ und zweitens, was für mich das wichtigste ist, sind es immer wieder Rückschläge für Dich. Wenn man denkt, es hat eine Zeitlang gut gegangen, schon ist die Sch . . . wieder da.

Aber nun einen recht frohen Sonntagsgruß.

Das Wetter ist wohl noch kalt, aber die Sonne scheint wenigstens. Morgens ist ja noch alles fest gefroren. Die Landwirte haben jetzt noch nicht ihre Frühjahrssaat in der Erde. Sie denken mit Schrecken an die kommende Ernte.

Heute morgen ist wieder allerhand an Appellen los. Stiefelappell, Apell in Zeltausrüstung, Brotbeutel, Feldflasche, Pferdedecken. Da ist ab gleich der Morgen für mich wieder voll ausgefüllt.

Und nun, liebe Elsbeth, küsse ich Dich ganz, ganz innig auf Deinen lieben Mund.

Gerade mußte ich noch einmal an unsere erste „Sitzung“ auf der Bank am Rhein denken. Ach, es war ja so schön; ich legte zuerst meinen Arm um Deine Schultern und versuchte, wie ich mir einbildete, unmerklich „Kontakt“ zu bekommen. Und als Du Dich „unerhörter Weise“ nicht wehrtest, da bekam denn auch meine Wange Kontakt und nachher sogar der Mund. Und ich schwamm in Seligkeit und Du?

Ach, die Zeit möchte ich ja auch nochmal ganz gern mitmachen.

In diesen Gedanken drücke ich Dich nochmal, und heute nicht weniger innig, an mich und küsse Dich noch ganz zart auf die beiden Rosenknöspchen.

Ich bin immer Dein verliebter Hannes.