Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 18. Dezember 1939

O.U., 18. Dezember 1939

Liebes Frauchen!

Hast Du mich aber mit Deinem Brief vom 14. ds.Mts. aufs Christkindchen gespannt gemacht! Jetzt brenne ich ja schier vor Begierde auf das was da kommen soll.

Mit Annas Geschenk bin ich gerne einverstanden. Auch mir behagt es besser, daß Anna von uns so etwas netteres als Kochpötte bekommt.

Etwas besonderes ist nun hier die letzten zwei Tage nichts passiert. Ich muß deshalb schon etwas so mit Dir plaudern. Ja, und was soll ich Dir da zuerst mal wieder sagen, als daß ich Dich „noch immer" schrecklich gern habe und an Dich denke. Und auch Dorotheechen natürlich nicht zu vergessen. Und noch weiter, daß ich Weihnachten gern zu Hause sein möchte. Aber da weiß ich natürlich noch nicht, was sich da machen läßt. Es sieht eher schlimmer als besser aus, denn es droht eine Versetzung in einen Nachbarort. Dann ist es m. E. für die Schreiberlinge mit Urlaub aus. Denn Umzug und die notwendigen Befehle Ausführungsangelegenheiten laufen ja alle durch die Schreibstube. Es ist aber auch ein Trauerspiel, daß man sowas ausgerechnet noch vor Weihnachten in die Wege leitet. Heute schon sind allerdings schon in Urlaub gefahren — Verheiratete mit 3 und

mehr Kindern.

Ja, und das ist ja „vorläufig" bei uns noch nicht wahr. Und dann könnte ich auch erst am 22. fahren, da wir am 21. noch den Wehrsold zahlen müssen. Die Vorbereitungen muß ich morgen schon machen.

Aber sei dem, wie es sei; ob Urlaub oder nicht, wir wollen uns auf jeden Fall aneinander freuen.

Daß Dorotheechen nach Vati gesucht hat, macht mir mal wieder Freude. Ich stelle mir vor, wie es im Bett herumgesucht hat und habe dabei ein schlechtes Gewissen, daß ich morgens immer so müde war und mich nicht genug um sie bekümmert habe. Mach' es für mich gut.

Also, liebe Elsbeth, für heute genug. Ich grüße Dich nochmals recht herzlich und küsse Dich oft auf Deinen „schönen Mund"

Dein Hannes