Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 26. Juli 1940

26. Juli 1940

Meine liebe Elsbeth!

Wenn ich schreibe „meine liebe Elsbeth“, ist es mir fast, als seist Du bei mir und ich könnte Dir dann so die Hand drücken. Heute habe ich wieder 2 Paar Strümpfe bekommen, ein Paar linksgewebte und ein Paar andere seidene. Sie sind etwas dicker, aber sie tun es doch. Die beiden Paar kosten 4,40 RM. Im Verhältnis zu anderen Artikeln sind sie teuer. Wenn die

Farbe nicht angenehm ist, Du sprachst ja mal von Färben. Aber ich glaube, daß es damit Kappes ist. Nun, liebe Elsbeth, wie sorgt Dein Mannchen nun für Dich? Wenn ich deshalb später wieder ohne Geld nach Hause komme, darfst Du aber nicht „wieder“ schimpfen, daß ich am liebsten auf der Stelle weg- und zurücklaufen möchte. Das Päckchen geht mit gleicher Post ab und ich bitte Dich, doch zu schreiben, ob Du es bekommen hast.

Und nun schreib' nochmal, wie es Dir geht. Ich fürchte fast, nicht gut. Aber schreib es mir ehrlich, wie wir es immer gehalten haben. Willst Du nicht einmal zu einem bekannten Professor nach Bonn oder Köln gehen. Das ist wohl etwas umständlich, ich bin da ja etwas komisch geworden. Entfernungen und so was spielt bei uns ja keine Rolle mehr. Zuhause ist ja eine Fahrt nach Bonn schon manchmal unbequem.

Es ist einfach schrecklich. Dauernd verliere ich den Faden weil immer etwas anderes dazwischenkommt. Ich will daher jetzt Schluß machen und Dir noch schnell etwas ganz Liebes ins Öhr- chen sagen, wie sehr, sehr lieb ich Dich habe.

Ich drücke Dich ganz fest an mich und küsse Dich noch und noch auf Deinen lieben Mund und überall hin. Ich bin immer

Dein getreuer Hannes