Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 28. Juni 1940

28. Juni 1940

Liebe Elsbeth!

Wie habe ich mich über Deinen Brief zu meinem Namenstag mit den schönen gemalten und beigelegten Blumen und den Zigaretten gefreut, wenn mich auch der Brief erst gestern erreichte. Ich drücke Dich ganz fest an mich und gebe Dir einen innigen Kuß.

Hoffentlich kommen meine Briefe alle bei Dir an. Ich schreibe jeden 2. Tag, manchmal habe ich auch täglich geschrieben. Höchstens an großen Marschtagen habe ich einmal 2 Tage über­schlagen. Aber auf dem Marsch, bezw. auf der Fahrt habe ich dann umsomehr an Dich gedacht. Ich habe Dir heute morgen ein Päckchen ungebrannten Bohnenkaffee abgeschickt. Ich glaube, das Brennen ist nicht schwer. Das Pfund Bohnenkaffee kostet hier 1,20 RM, eine Flasche Bier 11 x/4 Pfennig. Damenstrümpfe von -,60 - 1,20 und die feinsten 2,00 - 2,20 RM. Es sind aber, wenn auch gute Qualität, doch solche Farben, die Dir und mir nicht gefallen.

Eben kommt die Post. Alles stürzt sich darauf. - Ich habe 4 Briefe von Dir, einen von Herrn Kallmeyer und 1 Karte von Deiner Mutter. Du kannst Dir denken, wie ich mich besonders über Deine so lieben Briefe gefreut habe. Dorotheechen muß ja ein Muster an Freude sein. Aber warte nur, ich hole schon alles nach.

Es ist originell, heute morgen habe ich Dir den Bohnenkaffee geschickt und eben lese ich in Deinem Brief: Gibt es dort noch Bohnenkaffee?

Hier im Ort habe ich meine Filme entwickeln lassen. Es ist nur

schade, daß ich keine Filme hier bekommen kann. Es gibt so interessante Motive hier und ich stehe da ohne Film.

Etwas lese ich aus Deinen Briefen, das mir nicht behagt. Liebe Elsbeth, Du sollst abends nicht so spät ins Bett gehen. Dann schreibe lieber mal etwas kürzer. Es ist ja schön, ja sehr schön, lange Briefe von Dir zu bekommen, aber, wenn ich weiß, daß Du dafür die Nachtstunden gebrauchst, habe ich stets ein schlechtes Gewissen.

Und nun, liebe Elsbeth, drücke ich Dich wieder mal ganz fest an mich und küsse Dich überall hin. Sei und bleibe immer mein treues, liebes und gutes Frauchen. Heute ist auch Dorotheechen 2 Jahre alt geworden. Sie hat Dir ja viele Schmerzen gemacht, macht uns dafür aber auch viele, viele Freude, als ob sie all das Schmerzliche wieder gutmachen wollte. Auch ich will immer darauf bedacht sein, Dir nur Gutes anzutun und grüße und küsse Dich in diesem Sinne als Dein treuer Hannes

Ich habe noch schnell die Bildchen geholt.

Wie gefallen sie Dir?

Dein Hannes