Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 13. Oktober 1940

13. Oktober 1940

Meine ganz liebe Elsbeth!

Zuvor einen herzlichen Sonntagsgruß und Dank für Deine letzten beiden Briefe. Leider ist, wie üblich, heute auf den Sonntag nichts gekommen.

Diesen Brief gebe ich wieder Josef Berchem mit, ebenso das Leder für Deinen Vater, von dem ich Dir schrieb. Den ausgelegten Betrag von 12,- RM kann er ja auch wieder dem Josef mitgeben. Leider habe ich nun diesesmal nichts für Dich, als die beiden Hefte und nochmal etwas Persil. Ich bringe Dir aber persönlich etwas mit, wenn ich demnächst komme. Wann, weiß ich noch nicht, aber es dauert nicht mehr sehr lange. Wenn Du mir nur schon geschrieben hättest, was, wieviel usw., denn wahrscheinlich fahre ich diese Woche nach Belgien.

Josef wird Dir schon sagen, daß ich wohl direkt nach ihm käme, da die Reihenfolge eingehalten wird. Dem ist nun nicht so, da von der Schreibstube z. Zt. Roos weg ist, am Mittwoch fährt Mergen und es könnte sein, daß, wenn der zurück kommt, ein Offz. zwischenrutscht. Aber es ist doch schön, den Urlaub in greifbarer Nähe zu sehen. Oder freust Du Dich nicht, weil ich ja gerade kürzlich da war. Vielleicht gibt es auch Veranlassung, daß Du weiterhin Dein Körperchen der 90 immer näher bringst. Spürst Du jetzt beim Lesen nicht schon „Linderung“? Ach, was werden wir wieder glücklich zusammen sein! Und wie schön wird es werden. Ja, wir zwei Glücklichen, oder viel-

mehr: wir „drei“ Glücklichen.

Heute Nachmittag fahre ich mit dem Spieß und dem Chef etwas heraus in das wunderschöne Herbstwetter hinein. Der Tag ist ja heute einfach herrlich. Es ist schon Herbst und die Sonne strahlt heute von einem wolkenlosen Himmel herab. Jetzt möchte ich eigentlich mit Frauchen durch einen deutschen, herbstlichen Wald streifen, mit den Füßen durch das herabgefallene Laub streifen, während das Laub an den Bäumen rot, braun und gelb in der Sonne leuchtet. Und wenn meinem Frauchen in dem doch schon etwas frischen Wetter der Rücken frieren sollte, könnte ich auch da abhelfen. Auch Frauchens süßer Mund würde nicht kalt werden. Ach, es würde überhaupt - durch die Anstrengung des Laufens natürlich! - nicht kalt sein. Ach, liebe Elsbeth, ich freue mich ja so, daß wir uns so gut zueinander sind und so glücklich. Ich nehme Dich in meine Arme und küsse Dich ganz fest und innig auf Deinen lieben Mund. Ich bin immer Dein lieber
Hannes