Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 22. November 1940

22. November 1940

Meine liebe Elsbeth!

Ich glaube, ich muß wieder umziehen, wenn ich meinen Füller noch öfters vergesse. Ich muß mich ja wirklich schämen.

Herzlichen Dank für Deine letzten lieben Briefe, die mir immer soviel von Dir sagen und geben. Ich bin ja morgens hier im „Landhaus“ und nachmittags auf der Schreibstube. Eigentlich war schon gestern Abend dieser Brief fällig, aber ich hatte wieder einen derartigen Anschiß, daß mir das Schreiben — es war auch schon spät als ich von der Schreibstube zurückkam - so wie ich schreiben möchte, nicht mehr möglich war. Nun, heute ist alles wieder in bester Ordnung. Mit dem Geld ist es so: so furchtbar viel habe ich nicht gekauft. Aber alles ist teurer, viel teurer geworden. So habe ich denn für Dich alles, bis auf Nachthemd und Couchdecke und Pelzbesatz erhalten und trotzdem 100,- Mark ausgegeben. Für 12,- Mark Schokolade (6 große Tafeln) sind dabei. Vielleicht teilst Du die mit Ließems und Beckers, sodaß jeder 2 Tafeln bekommt. Für mich habe ich einen Bettbezug gekauft. In meinem Haus habe ich nämlich ein regelrechtes Bett. Ich wollte mich

aber nicht auf die blanke gebrauchte Matratze legen, weil ich davor etwas fies war. Aber mit meinem letzten Wehrsold und dem nächsten zusammen werde ich wohl aus komme ich schon aus für die ganzen Sachen. Wenn Du also noch nichts abgeschickt hast, ist es nicht mehr nötig. Es ist nur so, manchmal sieht man gerade was, was nicht gerade auf dem Zettel steht, das man aber trotzdem kaufen möchte. Z.B. hätte ich einen fabelhaften Schinken (10 kg) kaufen können, das Pfund 2,- RM. Da hättest Du von lange gehabt, er war nämlich geräuchert und den Rest hättest Du so verkaufen können, daß Du Deinen Anteil recht billig gehabt hättest. Aber nun genug vom „Geldkram“, jetzt zur „Liebe“.

Weißt Du, daß Du mein herzigstes, süßestes, schönstes und liebstes Frauchen bist. Wenn nein, laß es Dir hiermit sagen. Ich hab' Dich so schrecklich gern, Dich und Dorotheechen. Ihr beide seid doch mein ein und mein alles. Du mußt Dorotheechen ein ganz besonders herzliches Küßchen von Vati geben und mir sagen, was sie darauf sagt. Es ist doch ein richtiges Goldenkelchen. So etwas Liebes wie Ihr zwei gibt es garnicht mehr, - wenigstens für mich nicht.

So, liebe Elsbeth, jetzt küsse ich Dich überall hin wo Du es gern hast und drücke mich ganz fest an Dich.

Dein getreuer Hannes

[links auf dem Rand:]

Hosenträger, Portemonnaie usw. habe ich auch für mich gekauft.

Lenis Stoff kaufe ich selb[st]verständlich; wahrscheinlich wird er 20 - 25 Mark kosten. Aber dann kann sie den Rest ja als Aufmerksamkeit für treue Dienste an meinem geliebten Frauchen betrachten.