Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 5. Januar 1941

5. Januar 1941

Meine liebe Elsbeth!

Ich danke Dir ganz herzlich für Deine ersten Briefe und das Plätzchen-Päckchen. Über Deine lieben Zeilen – die so ganz besonders lieb waren, habe ich mich sooo gefreut und erwidere alles in der richtigen Form. Nun bin ich gerade wieder weg und die Urlaubssehnsucht bleibt bei Dir und mir gleich groß. Aber, aaaber, ich glaube, daß er mal wieder aufgeschoben werden muß, bis der Spieß aus dem Lazarett kommt.

Also sparen wir unsere Liebe und unser Verlangen noch etwas auf. Hoffentlich brauche ich nur dann keine Angst vor dem Wiedersehen zu haben. Du verstehst doch, wie ich das meine.

Übrigens, mußt Du doch jetzt sicher wissen, wie das mit damals ausgelaufen ist. Schreibe es mir doch so bald als möglich; denn ich mache mir immer noch große Sorge.

Heute Nachmittag habe ich mir zum ersten Mal seit meiner Rückkehr ein paar freie Sonntagnachmittagstunden gemacht, um mal an die Luft zu kommen. Nun stand ich da. Was soll man mit diesen Stunden nun machen? Zweimal bin ich die Stadt herunter und heraufgelaufen, dann habe ich in einem Lokal einen Aperitif getrunken, etwas

zugesehen beim Billardspielen und dann bin ich, nachdem ich diese welterschütternden Dinge hinter mir hatte, vor lauter Langeweile ins franz. Kino gegangen. Da habe ich nur, da es [sich] bei dem Film hauptsächlich auf die Dialoge ankam, überhaupt nichts verstanden. Wenn die Leute lachten, habe ich wie ein Ölgötze dagesessen und ein dummes Gesicht gemacht. Es war also ein Sonntagnachmittag, wie Du siehst, eine „herrliche“ Angelegenheit. Und wie schön hätte er mit Dir sein können. Einen Vorteil hat ein solcher Nachmittag: Das Verlangen wird immer größer.

Und als Vorschuß auf dieses Verlangen drücke ich Dich ganz fest an mich und herze und küsse Dich nach Herzenslust. Ich bin immer Dein getreuer
Hannes