Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 5. September 1940

5. September

Meine liebe Elsbeth!

Ich kann nicht verstehen, daß Du so wenig Post von mir bekommst. Ich schreibe regelmäßig ein über den anderen Tag. Seit meinem Urlaub habe ich diese Regel nur 2 mal unterbrochen, daß ich einen Tag länger nicht geschrieben habe. Das eine mal nach der Flandernfahrt und das andere mal nach Paris. Die Bummelei muß also bei der Post liegen. Ängstigen um mich darfst Du Dich nicht.

Ich schicke jetzt wieder ab: 2 mal 1 Pfund Ungebrannten und 3 mal ein Paket Persil.

Wann heiratet Magda? Damit ich ihr schreiben kann.

Herzlichen Dank für Deine beiden lieben Briefe und die Zigaretten. Und auch für die Küsse und das Liebhaben. Ich meine, ich spüre richtig, wie Du mir im Liebhaben die Rippen zusammenquetschst. Ja, Du bist ja so eine Ungestüme, die nie genug kriegt. Und das ist ja so schön. Ich kann Dir aber auch sagen, wenn ich Dich jetzt hier hätte, ich wüßte, was dann alles geschähe. Ich würde Dich nehmen, Dich mit Küssen zudecken und alles Schöne Dir antun.

Warst Du nun beim Arzt? Teil' mir doch die Adresse dann mal mit. Ich war ja so froh, daß es Dir besser ging und höre nun zu meinem Schrecken, daß Du nachts wieder schlecht schläfst. Liebling, Liebling, Du machst mir Kummer.

Ich bin heute zum R.O.A. (Reserve-Offizier-Anwärter) eingereicht worden; sprich aber nicht darüber, denn ich glaube nicht, daß was draus wird, weil ich keine Schule [Abitur] besucht habe. Ist aber auch nicht schlimm. Du hast mich dann ja noch genau so lieb, nicht wahr, mein lieber Moritz?

Hast Du das Köpfchen von Dorotheechen vergrößern lassen? Du schickst mir ja dann ein Bildchen! Ich habe Josef Düren auch 4 Filme geschickt und ihm dabei geschrieben, daß er sie Dir erst mal zeigen soll, ehe er die Bilder an mich zurückschickt. Die Negative von den Bildern, die ich noch zuhause gemacht habe, hälst Du am besten direkt da. Alles andere schickt er mir zurück.

Und nun, liebe Elsbeth, nehme ich Dich noch einmal in meine Arme, küsse dich überall und überall hin, ich drücke dich dann ganz fest an mich und nehme Dich auf meine Arme und trage Dich zur Couch, wo wir dann zusammen liegen und einschlafen. Ich bin immer Dein getreuer
Hannes