Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 20. März 1940

20. März 1940

Liebe Elsbeth!

Ich sitze hier in dem Bahnhofslokal und habe vergeblich versucht, Dich telefonisch anzurufen. Leider kann der Wirt das Gespräch nicht dulden und nun versuche ich es auf diesem Wege, Dir noch schnell mitzuteilen, daß wir über Ostern noch hier sind. Du könntest also kommen. Du darfst aber nicht bis Prüm fahren, sondern nur bis Bahnhof Gondelsheim. Es ist die, ich glaube, 4. Station hinter Gerolstein, also zwischen Gerolstein und Prüm. Solltest Du diesen Brief, nicht vor Freitag bekommen, kommst Du vielleicht Samstag, oder Sonntag. Ich komme auf jeden Fall an jedem Tag an den von Dir angegebenen Zug, um ungefähr 13,20 Uhr zum Bahnhof Gondelsheim. Hoffentlich bekommst Du diesen Brief noch früh genug. Es wäre mir ja lieb, wenn Du evtl. ein Telegramm aufgeben könntest mit ungefähr dem Inhalt: „Hubert kommt am Freitag“ (od. Samstag od. Sonntag — je nachdem, Du kommst.) Aber du mußt unbedingt mit dem besprochenen Zug kommen. Denn ich kann ja nicht gut jeden Zug an allen Tagen abpassen.

So liebe Elsbeth, nach diesen „geschäftlichen“ Dingen etwas, wie sonst. (Also, wahrscheinlich rücken wir erst in der Woche nach Ostern ab.)

Heute bekam ich Deine drei Briefe vom 15., 16. u. d. 17. März. Siehst Du, so warte ich auch mal tagelang auf Post und bekomme dann an einem Tag alles. Die blitzsaubere Wäsche habe ich ebenfalls bekommen. Recht vielen Dank für Deine Mühe. Eigentlich könntest Du überhaupt hierbleiben und wie immer alles sauber halten. Ich wüßte nur nicht, ob Du mit mir zusammen in meinem muffigen, feuchten

Strohbett schlafen wolltest. Aber, vielleicht würde es nicht mehr feucht sein, sondern von der „Glut unserer Liebe“ sich erhitzen. Aber, das müßte ich ja alles in Dein Belieben stellen und in das Belieben unseres Kompanieführers.

Solltest Du nicht kommen können, so wünsche ich Dir trotz allem ein gnadenreiches Osterfest. Verlebe die Tage dann recht gut und denke dabei ein bischen an Deinen „verlassenen“ Ehegemahl. Für Dorotheechen habe ich heute mittag schon einen Ostergruß gemalt und ich hoffe, daß ich dafür genügend bestaunt werde.

Die Sache mit Mattes ist ja mehr als seltsam. Ich kann mir lebhaft die Erregung Deiner Mutter vorstellen. Es ist aber auch zu komisch.

Nun liebe Elsbeth will ich den Brief fertigmachen, damit er noch früh genug bei Dir ankommt. Vielleicht gebe ich ihn einem Kameraden mit, der noch heute nach Köln fährt.

Also, liebste Elsbeth, nochmals recht herzliche Grüße und einen festen Kuß

Dein Hannes