Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 14. Februar 1940

14. Februar 1940

Liebe Elsbeth!

Gerade bekomme ich Deinen Brief von Dorotheechens Kranksein. Da ja nun so ziemlich alles vorbei ist, kann ich ja wohl beruhigt sein. Aber sehr leid hat es mir getan, daß so'n armes wehrloses leckeres und liebes Mädchen sowas durchmachen mußte.

Auch kann ich noch nicht mal die Mutti verwöhnen, da Urlaub vorläufig noch fern liegt.

Es tut mir ja leid, daß ich Dir das sagen muß. Aber weshalb soll man so um die Sache herum­gehen. So können wir vorläufig nichts anderes tun, als aneinander zu denken. - Aber was Du da sagst, daß ich nicht schreibe, ist doch komisch. Alle zwei Tage habe ich Dir geschrieben. Am 6. ds. Mts. habe ich Dir Dein Geburtstagspäckchen geschickt. Wenn das auch bis heute nicht angekommen ist, mußt Du mir aber umgehend Mitteilung machen; denn es war doch immerhin für die Verhältnisse von einigem Wert, nicht zu sprechen von dem Brief und der Namenstagskarte für Dorotheechen. Ich habe mich doch so angestrengt. Hat Linz auch die beiden Bücher geschickt?

Die beiden Bücher, die in meinem Paketchen waren, habe ich s.Zt. in meinem letzten Urlaub beschafft, natürlich heimlicherweise.

Und nun, wie geht es Dir denn? Bist Du wieder ganz hergestellt? (Ich meine natürlich vom letzten Liegen her.) Ich wünsche Dir alles Gute und es tut mir nur leid, daß ich Dich nicht, wie Du schreibst, „verwöhnen und pflegen" kann. Aber diese Zeit kommt auch nochmal.

Wir müssen uns eben trösten und denken, daß es so viele Frauen gibt, denen das Schicksal ihrer Männer bedeutend ungewisser ist als meines. Dafür tut man schon allerhand, nicht wahr, liebes Frauchen?!

So, nun sage ich Dir Auf Wiedersehen. Und grüß mir Dorotheechen. Gib ihr für die über- standenen Strapazen ein besonders herzliches Küßchen von mir. Auch Dich drücke ich einmal ganz fest an mich und gebe Dir einen ganz kräftigen Kuß!

Dein Mannchen.