Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 13. April 1941

Ostern 1941

Meine liebe, liebe Elsbeth!

Gestern Abend kam Dein erster Brief, der vom 8. 4. 41 an. Es fehlt mir nun noch die Post vom 27. 3. – 7. 4. 41.

Du glaubst nicht, wie ich mich über dieses erste Lebenszeichen gefreut habe.

Diesen Brief gebe ich einem Urlauber mit, der ihn frankiert einwerfen soll. Ich kann daher einmal offen schreiben, wo wir liegen.

Wir sind zum größten Teil in Scheunen untergebracht und zwar in Wolmen Kr. Bartenstein.

(60 km von Königsberg/Ostpr. entfernt.) Es sind nur einige Bauerngehöfte und es ist fürchterlich einsam. Aber als alter Fahrtenkumpel kann ich mich schon daran gewöhnen. Aber für die meisten, die nun aus Großstädten wie Dortmund u. Köln kommen, ist es schlimm, irgendwo zu liegen, wo die Welt mit Brettern zugenagelt ist. Vor allen Dingen macht die Kälte zu schaffen.

In einer Jahreszeit, wo anderswo schon Frühling ist, friert hier das Waschwasser zu Stein und Bein.

Gestern war nun ein Tag, wo die Sonne etwas „wärmer“ schien. Und schon hörten wir des mor-

gens ein lustiges Klappern. Auf dem Dach unseres Bauern standen zwei Störche im Nest und taten erhaben auf die „Unterwelt“. Heute morgen sind sie nun spurlos verschwunden. Die Bauern sagen aber, daß sie wiederkämen.

Kennst Du Salzgemüse? Soll eine leckere Suppe sein. (Erdkohlrabi.)

Die Leute hier sind aber sehr nett. Abends machen sie uns schon mal eine Pfanne Bratkartoffeln. Auch Eier haben wir sogar schon bekommen. Zu Ostern war der Osterhase bei uns und brachte jedem 2 Eier. Was sagst Du nun? Ja, „so leben die Soldaten, so recht von Gottes Gnaden“ usw.

Und nun wünsche ich Dir und Dorotheechen nochmals ein recht frohes Osterfest. Hat Dorotheechen nun Eier gesucht? War der Osterhase bei ihr? Ich wäre zu gern die Tage bei Euch gewesen. Aber wir wollen froh sein, daß ich wenigstens Weihnachten dort war.

So, liebe Elsbeth, jetzt küsse ich Dich recht innig auf Deinen lieben Mund, Deine Augen und auf die schönen Knöspchen Deiner lieben Brust.

Ich bin immer Dein getreuer Hannes, der Dich liebt und verehrt.