Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 13. April 1940

13. April 1940

Feldpost ist schon weg. Der Brief geht daher durch die Post ab.

Liebe, liebe Elsbeth!

Es freut mich, daß der vorige Sonntag für Dich so schön war. Weshalb seid Ihr denn erst um V 7 abends gefahren? Hättet Ihr nicht das schöne Wetter mehr ausnutzen können? — Dann hättet Ihr zu dem schönen Abend auch noch einen netten Nach­mittag mit irgendwo Kaffeetrinken gehabt. Ich freue mich immer sehr, wenn Dir etwas Freude gemacht hat. Und erst mal tanzen; da wird sich mein liebes Frauchen doch sicherlich gefreut haben. Und erst mal die Chancen! Ich sage ja: ich habe ein Frauchen, das sich sehen lassen kann. Ach, wie gern möchte auch ich Dich noch einmal sehen.

Bauligs habe ich geschrieben. Aber Du könntest vielleicht auch mal eine Karte schreiben.

Die Quittung Schick [Arzt] habe ich bekommen. In „erster Instanz" ist sie schon abgelehnt. Jetzt muß ich nur noch einen Gang tun.

Die Brotmarken habe ich bekommen. Du brauchst mir aber keine mehr zu schicken, da wir hier Brötchen ohne Marken bekommen.

Deinen Kuchen habe ich bekommen. Ich dank Dir auch schön. Er schmeckt wirklich lecker.

Aber ein Brief von der Versicherung, von dem Du schreibst, lag nicht in dem Päckchen.

Die eine Mark habe ich auch bekommen und mich etwas geniert, daß ich Dich vorher um soviel Geld gebeten habe. Aber ich möchte Mergen unbedingt meine Schuld bezahlen.

Jetzt habe ich eine Uniform: feldgrau, paßt, wie vom Schneider angemessen und ist dazu noch nagelneu. Es fehlt nur noch das Schiffchen.

Ich bin darin so staats wie e Peerd und Du mußt Deine „Garderobe" überprüfen, ob Du, wenn wir zusammen mal auszugehen die Gelegenheit hätten, noch mitkommst. Schade, daß der Winter schon vorbei ist, sonst hätte der Pelzmantel fällig sein müssen. Ich habe mich auch nochmal - allerdings in dem alten Gewööbche - knipsen lassen. Hoffentlich wird's was. Das Bild schicke ich Dir dann sofort zu. Und Dorotheechen wird's dann wieder wahrscheinlich mit seinen Küßchen ganz zerknittern. An dem Häschen habe ich nach Deinen Briefen immer mehr Freude.

Liebes Dorotheechen! Mutti schreibt dem lieben Vati, daß Du so schön artig bist und so lieb.

So mußt Du immer bleiben und immer versuchen, noch lieber zur guten Mutti zu werden. Der Vati hat dann auch immer mehr Freude an seinem lieben Dorotheechen. Du darfst kein ver­wöhntes und eigensinniges Kind werden, sondern ein liebes und schönes Mädchen. Dann wird die liebe Muti und der Vati Dich auch immer gern haben und Dir viele Freude machen. Wenn der Krieg aus ist und die Mutti wieder besser gehen kann, dann gehen wir auch viel in den Wald spazieren. Da zeigt der Vati Dir dann auch Häschen, Rehchen, Eichhörnchen und all die vielen (Eichhörnchen), Vöglein, Schmetterlinge und Käfer. Dann läßt er Dir so ein kleines, liebes Marienkäferchen über die Händchen laufen. Der Vati nimmt dann auch seinen Apparat mit und macht schöne Bildchen von der lieben Mutti und dem guten Dorotheechen. Ich dank' Dir auch schön für Deinen Brief. Er hat den Vati sehr gefreut. Abends mußt Du auch schön für Mutti und Vati beten, damit uns drei der liebe Gott recht fein beschützt. Ich gebe Dir noch schnell ein Küßchen und bleibe immer

Dein lieber Vati!

So, liebe Elsbeth, jetzt bist Du um eine halbe Seite zu kurz gekommen. Aber auch Dich will ich jetzt nach Herzenslust küssen überall dahin, was bei Dir küssenswert ist. Und da gibt's an Deinem ganzen lieben und guten und schönen Körper keine Stelle, die ich von meinen Küssen ausschließen

 

möchte. Ich drücke Dich ganz fest an mich und möchte mich jetzt so mit Dir auf unsere Couch legen. Und Du müßtest, wie ich mit Dir, etwas so Schönes tun, wonach wir dann zusammen einschliefen. Meine liebe Elsbeth,

Dein Hannes