Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 12. November 1939

12.11.1939

Liebes Frauchen!

Einen frischen Sonntagmorgen-Gruß von Mannchen. Es ist mir ganz sonntäglich zumute. Wir haben heute länger schlafen dürfen. Dann bin ich aufgestanden, schön gewaschen, rasiert, Nägel in Ordnung gebracht, Bett gemacht, Stube ausgefegt und Kaffee getrunken. Den Kaffee kennst du ja. Die Arbeit lassen wir heute mal etwas beiseite. Ich sitze nun hier im Pullover, rauche eine Zigarette und schreibe Dir diesen Brief. Die Löhnung hätte ich mal wieder glücklich stimmend hinter mir. Gestern war ich mal in Baracke 4 und habe mir von dem langen Schorsch meine Bilder abgeholt. Ich lege sie hier bei und hoffe, trotzdem es Gruppenaufnahmen sind, daß sie Dir gut gefallen. Gerade ist der Horch vorgefahren - Post - Es wäre jetzt an der Zeit, daß ich den ersten Brief von Dir bekomme. Augenblick, ich muß jetzt zuerst nachsehen.

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Freude herrscht im Hause, denn der erste Brief ist angekommen. Mit „Kummer ersäufen“ ist gut. Auch ich habe gestern des Guten etwas zu viel getan und sag und schreibe 6 Schnäpse von der Verpflegung getrunken. Es war zwar kein Zitronen-Likör mit Eis, aber immerhin besser als der erste Verpflegungsschnaps. Nachher bin ich ganz beduselt ins Bett gestiegen. Daß aber Dorotheechen so nach mir verlangt hat, tut mir ordentlich gut. Es schwillt mein Herz vor Vaterstolz.

Die Bilder hebst Du bitte auf. Wenn es auch nicht immer etwas besonderes ist, möchte ich doch mal später ein Andenken an meine „Soldatenzeit“ haben.

Denk' mal, was bin ich froh, daß ich in Urlaub war, denn vorläufig fahren keine mehr. Wahrscheinlich ist es zuviel geworden. Mit guter Manier bin ich Gottseidank einer der letzten gewesen. Wie war es bei Dir doch sooo schön.

Warst du inzwischen in der Klinik? Wenn nicht, tu es bald. Dann wirst du auf einmal wieder ganz gesund. Wie wäre das fein.

Für unseren Spieß, der heute heiratet, weißt du, der Spieß ist die sogenannte „Mutter der Kompanie“, haben wir gesammelt bei der ganzen Mannschaft. Das ist doch fein, nicht wahr, wenn die Soldaten ihrer „Mutter“ was zur Hochzeit schenken.

So, es fällt mir im Moment nichts ein mehr und will schließen. Lieber Moritz, laß Dich zum Schluß nochmal feste drücken und küssen

Dein Hannes.