Hannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 30. April 1944

30. April 1944

Meine liebe, gute Elsbeth!

Einige Tage habe ich nun keine Zeit gefunden, Dir zu schreiben. Die Arbeit ist toll. Tagsüber im Außendienst, abends meine Kompanietruppsachen.

Nun etwas Neues. Ich werde ab morgen meinen Nachfolger einarbeiten. Ich bin vom 1.6. – 31.7. zum Offz.-Auswahllehrgang kommandiert. Das ist der Lehrgang, wo man beweisen muß, ob man würdig ist, zur Offz.-Schule zu kommen. Wo der Auswahllehrgang stattfindet, weiß ich noch nicht. Sollte er in Utrecht sein, werde ich unterwegs einmal die Fahrt unterbrechen können, hoffe ich. Bestimmtes kann man natürlich überhaupt noch nicht sagen. Teile mir auf jeden Fall in Deinen nächsten beiden Briefen sofort mit, wo Du Dich in der Zeit vom 25. – 31. Mai befindest. Ob in Memmingen, oder Oberstdorf, oder in Godesberg. Breche aber nicht deshalb Deine Erholung ab, denn ob ich da oder dort aussteige, macht ja nichts aus. Und dann ist es ja überhaupt noch ungewiß ob ich …usw.

Schreibe es mir 2 x, denn Briefe von Dir müssen schon mal verloren gegangen sein. Ich wollte ja, es würde klappen. Denk’ mal an das, was man sich an einem Tage alles sagen und Liebes erweisen kann.

Dein Paket mit dem Kuchen und den Plätzchen habe ich bekommen. Auch das Demjansk-Schild. Ich kann es nicht tragen, da ja die Urkunde fehlt. Solltest Du in Oberstdorf bleiben, führe ich dann nachher doch noch über Godesberg, um die Urkunde zu holen. Denn gerade bei einem solchen Lehrgang kann man, glaub’ ich, sowas für die Brust, bzw. für die Ärmel gebrauchen. Nun, vielleicht falle ich auch durch. Bei einem der letzten Lehrgänge sind von 80 Mann 16 durchgekommen.

1. Mai.

Aber, das würde mich auch nicht erschüttern. Es kommt alles auf den aufsichthabenden Offizier an.

Die Hauptsache ist, daß ich Dich wahrscheinlich wiedersehe und wenns nur für Stunden ist. Ich muß weg. Heute Abend bin ich irgendwo anders. Ich grüße und küsse Dich innig,
Dein Hannes.