Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 26. November 1939

26. November 1939

Liebe Elsbeth!

O Staunen in der Schreibstube. Der Kuchen ist glücklich und vollkommen unbeschädigt hier angekommen. Er hat allen gut geschmeckt und sie haben Deine Backkunst gelobt. Der Kammer- Uffz. Derwald sagte mit seiner westfälischen Aussprache, „Du, Deine Frau ist aber in Ordnung“. Das konnte ich ihm ja nur bestätigen. Dir ganz allein sage ich, daß Du nicht nur im Kuchenbacken in Ordnung bist, daß auch Dein Herzchen ganz sooo sehr in Ordnung ist, daß man es kaum fassen kann. Werde mir aber nun nicht zu stolz, kleines Frauchen. Stolz ist nämlich der Anfang vom Ende. Ach, wie war es doch schön bei Dir. Es fing schon an, als ich ankam und hörte erst in Bonn bei der Abfahrt auf. Wenn ich an unsere Ecke mit der Couch denke, über­kommt mich ein großes Verlangen. Die beiden Tage waren eine einzige Freude.

Und wie habe ich mich in Deinem letzten Brief über Dorotheechen gefreut, daß es so ganz gut erzogen ist, nicht eifersüchtig usw. Vielleicht weiß so ein Kind mit seinem feinen Gefühl jetzt schon, daß gar kein Grund zur Eifersucht vorliegt. Ich freue mich auch so sehr darüber, daß es von Dir

eine solch schöne Erziehung bekommt.

Ich ertappe mich im Moment dabei, daß ich dir einen regelrechten Liebesbrief schreibe, gar- nicht wie ein Brief, wie es sich für „gesetzte Eheleute“ ziemt. Aber Du wirst es mir wohl nicht für übel nehmen, lieber, lieber Moritz.

Über Deinen Brief, der wirklich nett war, haben sich meine Kameraden ebenfalls gefreut, Herzlichen Dank auch für Kuchen und Brief.

Übrigens, wider Erwarten habe ich meinen Füller wieder bekommen.

Ich soll Dich übrigens grüßen von meinen beiden jüngeren Kameraden, Willi Schwarz und Karl Heinz Sens. Sie haben mir beide geschrieben und Grüße an Dich aufgetragen.

Dann noch eins, warst Du schon beim Arzt? Ich warte in jedem Brief von Dir auf eine solche Nachricht und der Tag, an dem eine solche kommt, wird mich beruhigen und eine Bedrückung von mir nehmen.

Liebes Frauchen! Zum Schluß will ich Dich nochmals schnell nehmen und Dich an mich drücken, daß Dir die Luft ausgeht. Und wenn sie ausgegangen ist, kannst Du Dich nicht mehr wehren, wenn ich Dir sooo viele Küsse gebe. Und das tut Dir

Dein Hannes!