Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 20. November 1939
20. November 1939
Lieber Moritz!
Zuerst mal einen herzlichen Gruß von hier oben. Wir sind um V 3 Uhr hier gelandet, aber wie. Im Dunkeln sind wir den berüchtigten Weg zur O. U. heraufgetippelt. Schlimm wars. Hundemüde in 3mal mehr als überfüllt zu nennenden Zügen kamen wir an der Station an. Dann mit den schweren Paketen den Berg hinauf. Mit den Stiefeln blieben wir zuweilen in dem Schlamm so tief stecken, daß das Wasser und der Matsch oben an den Stiefeln hereinlief. Mein Mantel mußte dann ja notgedrungen durch den Dreck schleifen. Der sieht jetzt unten herum aus wie ein Schwein, das sich im Dreck gewenzelt hatte. Als ich dann hier ankam, war mein Bett schon belegt. Aber alles dies konnte mir die schöne Gewißheit nicht rauben, daß, wenn es noch hundertmal doller gewesen wäre, ich dasselbe froh ebenso ausgeführt hätte, und wenn es nur für einen Tag gewesen wäre. Waren die zwei Tage doch schön, nicht Moritz?
Ich habe heute morgen eine Wurzelbürste und eine Bütte Wasser genommen und meine Stiefel abgewaschen.
Ich mußte bei dieser Arbeit immer denken, war das schön. (Ich meine jetzt nicht den Weg, sondern
etwas anderes.) Was bin ich froh, daß Dorotheechen jetzt zu Hause ist. Es ist doch etwas ganz anderes als die frühere Regelung. Hoffentlich kann die Leni nur dableiben. Aber, ich denke, ihr Vater wird, wenn Du nichts erreichen solltest, die Sache schon machen. Jetzt freue ich mich schon auf meinen nächsten Urlaub. Ich bin mal gespannt, wie sich das mit dem Schränkchen und dem großen Krug ausmacht.
In Dorotheechen verliebe ich mich noch. Da bekommst Du langsam Konkurrenz. Das Busselchen wird ja so lecker, besonders seine Anhänglichkeit an mich macht mir riesigen Spaß.
Liebe Elsbeth, wie Du schon an der Schrift merkst, bin ich kolossal eilig. Heute mußte ich die Löhnung vorbereiten und so verschiedenes für morgen erledigen. Ich will daher schließen mit einem recht frohen Gruß und vielen Küssen. Laß es dir gut gehen bis zum nächsten Brief
Dein Hannes