Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 5. Dezember 1939
5. Dezember 1939
Liebe Elsbeth!
Deine letzten beiden Briefe vom 29. und 30. November haben mich ganz besonders gefreut. Der erste war so schön von Dorotheechen geschrieben, daß ich es fast greifbar vor mir auf den Tisch klettern sah; und dann, daß es sofort artig ist, wenn Du sagst, daß Vati traurig ist. Ach, und so vieles ist, was einen freut. Dein zweiter Brief hat mich noch mehr gefreut. Wenn ich früher, noch vor der Hochzeit einmal gedacht habe, die Gruppe könnte mal eine, wenn auch nicht ernstliche, so aber doch eine kleine „Konkurrenz" für mich werden, so muß ich jetzt feststellen, daß für Dich nur noch dein Mannchen und Dorotheechen gilt. Damit will ich natürlich nicht sagen, daß Deine ehemaligen Freundinnen abgemeldet sind. Aber ich sehe doch, daß uns immer das festeste Band zusammenbindet, was man sich denken kann. Und das macht mich so glücklich. Als ich Deinen Brief las, war ich auf einmal ganz weit weg . . . . abends am Rhein, die Bank, Fuß eingeschlafen. Dann zuerst ein leises Tasten mit meiner Stirn an Deiner Stirn. Ich weiß nicht,
ob ich es Dir schon einmal gesagt habe: Deine Haare kamen mir vor, als ob ich mit meiner Stirn über Samt glitt. Das Gefühl dabei habe ich nie vergessen und dann, das erste Mal, weißt Du . . . . Ach, ich bin ja wieder so verliebt wie damals. Wird das demnächst wieder ein Fest geben.
Nach diesen Gedanken bringe ich es nicht über mich, noch über andere, gleichgültige Dinge nachzudenken. Ich mache daher Schluß, sage Dir „gute Nacht" und bin in Gedanken wieder bei Dir. Einen langen Kuß noch aus Herzensgrund
Dein Hannes
Dein Päckchen war lecker. Herzlichen Dank.
Kallmeyer will 10.- RM monatlich tun, das heißt: vielleicht! Oder habe ich Dir das schon mitgeteilt?