Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 20. Dezember 1939
20. Dezember 1939
Liebe Elsbeth!
Diesen Brief schreibe ich vorsorglich, d.h., wenn ich nicht kommen sollte, soll das Dein Weihnachtsgruß sein.
Also zuerst einmal mußt Du meine Freude über die schöne Brieftasche hören. Sie ist wirklich sehr schön und von einem Umtausch kann ja keine Rede sein. Ich danke Dir auch recht sehr, daß Du Dich so angestrengt hast. Meine Kameraden sagen alle, daß sie für hier zu schade sei. Hoffentlich gefällt Dir mein Geschenkchen nun auch. Aber in Ermangelung der Uhr kam ich auf keinen anderen Gedanken in der Eile.
Nun, liebe Elsbeth, wollen wir Weihnachten recht viel aneinander denken und wissen, wie gern wir uns haben. Ich hätte ja mal gern gesehen, wie Dorotheechen zum erstenmal unter dem Weihnachtsbaum steht, welche Äugelchen sie macht usw. Aber wenn es nicht so ist, muß man sich damit eben abfinden. Wie viele Soldaten stehen draußen, die auch nicht nach Hause kommen.
Wenn die Versetzung, die uns bevorsteht, nicht dazwischenkommt, komme ich bestimmt. Aber mit 90% Sicherheit werden wir versetzt vor Weihnachten. Wir wollen daher auf die 90% hoffen.
Dem Spieß haben wir hier ein Taschenmesser geschenkt; aber ein gutes. Als wir es ihm vor seiner Urlaubsreise gaben, war er sooo gerührt, hatte er doch an sowas nicht im Traum gedacht. Für den Kompaniechef haben wir ebenfalls gesammelt. Für die Kompanie selbst ist ein fabelhafter Radioapparat mit Schallplatten gekauft worden. Wert ca. 700 - 800 Mark.
Nun bin ich noch am simulieren, wie ich zum Beichten komme. Vielleicht, daß ich morgens um 5 Uhr nach Prüm zur Messe gehe. Da wird ja doch wohl Gelegenheit sein.
Nun, liebe Elsbeth, wünsche ich Dir und Dorotheechen nochmals alles Gute zum Fest. Halt Dich an den Tagen wie immer wacker und denke, daß Du die Frau eines „Soldaten“ bist. Recht viele Grüße und einen festen Kuß von
Deinem
Hannes