Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 31. Januar 1940

31. Januar 1940

Liebste Elsbeth!

Trotz vielen Suchens kann ich den Schreibblock nicht finden. Aber ich nehme an, daß Du mir wegen dieses Bogens nicht böse bist.

Also, heute kamen wieder einschl. des Päckchens 3 Briefe von Dir an. Das geht so stoßweise. Einmal 3 oder 4 Tage nichts und dann alles auf einen Knall. Dasselbe ist auch anscheinend bei meinen Briefen der Fall, denn ich schreibe Dir ein über den anderen Tag.

Über Deine Briefe und die Makronen habe ich mich sehr gefreut. Sie haben allen recht lecker geschmeckt.

Über Dorotheechens Entwicklung zum Wildfang könnte ich mich kaputt lachen. Es macht mir viel Spaß, immer wieder so nette Geschichtchen zu hören, besonders, wenn es soviel nach „Vati" fragt und daß Du ihr immer von mir vorsingen mußt. Ach, ich habe Euch beide ja so gern. Aber wir sind auch so wie ein Herz und eine Seele. Dann muß ich, wie auch jetzt, manchmal daran denken, wie wir auf der Bank am Rhein saßen, wie wir das erste Bildchen geknipst haben. Weißt Du auch noch, wie [wir] zum ersten mal in Bonn

waren und wir Arm in Arm gingen. Auf einmal dachten wir, es käme ein Godesberger und schnell hakten wir aus. Und unsere abendlichen Spaziergänge! Auf der Bank am Sonnenweg kam Jakob und Hanni. Das war doch an dem Abend, als Du zum ersten mal das grüne Kleid anhattest.

Und dann wurde unsere Verbindung „seßhafter" und ich verkehrte im Haus. — Die Verlobung und dann die Hochzeit — Hochzeitsreise an die Mosel. Wie schön ist es, wenn man das alles so an sich vorbeiziehen sieht. (Die Unstimmigkeiten mit den Eltern verblassen dagegen ganz und man denkt jetzt so daran wie an etwas Nebensächliches.) Und wie gern haben wir uns gehabt und haben uns immer noch lieber. Ist es da ein Wunder, wenn da so ein leckeres Busselchen, wie Dorotheechen eins ist, auf einmal lustig in seiner Welt herumstrolcht und Mutti und Vati lieb hat. Wir haben es ja auch so gern.

Aber was erzähle ich da alles; das weißt Du ja auch alles. Aber es war mir einfach so aus dem Herzen und den Gedanken in die Feder hereingerutscht. Und nun will ich auch nichts anderes Nebensächliches mehr schreiben, weil es mir zu schade ist, vor dem Schlafengehen noch an anderes zu denken. So wünsch' ich Dir eine gute Nacht, meine liebe, treue, gute und schöne Elsbeth. Ich gebe Dir und Dorotheechen einen festen Kuß und bleibe immer Dein

treues Mannchen

Mit der Beförderung hat sich noch etwas verschoben, also noch immer „Soldat"