Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 16. Februar 1940
O.U., den 16.2. 1940
Liebe Elsbeth!
Nun habe ich heute Deine Briefe vom 12. und 13. Februar. Ich freue mich, daß Du mein Päckchen aber auch prompt an Deinem Geburtstag bekommen hast. Ich hatte zuerst Angst, es möchte verlorengehen können. Ich hatte auch „Linz" [Buchladen] geschrieben, er möchte Dir 2 Bücher schicken und zwar am 12. 2. Anscheinend hat er das nicht gemacht. Vielleicht gehst Du mal vorbei und hörst, ob er meine Karte nicht bekommen hat.
Ich freue mich, daß Dorotheechen nun wieder gänzlich auf dem Damm ist.
Übrigens, weshalb sollten mich die Gedanken über „Oda Schneider" nicht interessieren. Du weißt, mich interessiert alles, was Du treibst und worüber Du Dir Gedanken machst. Ich finde genau wie Du, daß diese Frau manchmal verrückte Einfälle hat. Das mit den Gefühlen des Vaters zum richtigen und Adoptivkind ist ja vielleicht für minderwertige Ehen zutreffend und da hat man doch weiß Gott wie oft Fälle, wo durch ein Kind solche Ehen wieder glücklich werden. Ob diese Frau sich eigentlich nichts unter einer wirklich glück-
lichen Ehe (wie z. B. unsere) vorstellen kann? Ich möchte da fast sagen wie Thome: „Lassen Sie die Schreiberei sein und suchen Sie sich einen guten Mann!"
Am Montag fahren 15 Mann nach Köln. Ja, da denkst Du die Glücklichen. Aber wenn Du den Grund weißt, wirst Du anderer Meinung sein. Die Leute kommen in die . . . Entlausungsanstalt. Ich bin nicht darunter. Gestern haben sie unsere Buden mit einem stinkenden Zeug gespritzt. Nun, liebste Elsbeth, wünsche ich Dir, daß Deine Kopfschmerzen bald wieder weggehen und daß Du bald wieder gesund wirst. Wie schön wäre es, wenn ich eines Tages in Urlaub käme und fände ein kerngesundes Frauchen mit einem Lebendgewicht von 95 Pfund vor. Kannst Du Dir denken, wie es mir dann zumute wäre. Das würde aber gefeiert — und wie, nicht wahr.
So, jetzt sage ich Dir eine Gute Nacht. Ich herze, umarme und küsse Dich recht oft und innig und bleibe immer
Dein treuer Hannes