Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 18. Februar 1940
Sonntag, den 18. Februar 1940
Liebe Frauchen!
Dein leckeres Päckchen und auch das Wäschepaketchen habe ich bekommen. Jetzt hast Du nur noch die Unterwäsche da. Das Päckchen war sehr lecker und ich dank Dir auch mal wieder recht schön. Aber tu mir bitte einen Gefallen. Lasse Dich die Päckchen nicht zuviel kosten. Du kannst es vielleicht noch besser gebrauchen.
Hier ist ein Feldmeister (Rang eines Leutnants) hin versetzt worden, der die Bücher, die ich schon mal hier hatte, alle gelesen hat und der mich schon verschiedene Male gefragt hat: Haben Sie wieder was Neues? Er liest gern gute Bücher, was mir richtig Freude gemacht hat. Wenn Du mir mal wieder was schickst, sei doch so gut und lege nochmal was bei.
Heute morgen habe ich vielleicht gelacht. In der Kirche zu W. ist ein alter Dorfpastor. Er scheint ein richtiges Original zu sein. Er sprach, daß des morgens in der Frühmesse Kommunion der Jungfrauen gewesen
wäre, müßte aber feststellen, daß noch immer einige im Hochamt wären, die also nicht kommuniziert hätten. Er verurteilte dies mit dem Hinweis, daß dies hunderte von Jahren nicht gewesen wäre (er meinte natürlich das Fernbleiben). Es hörte sich so an, als ob er schon Jahrhundertelang Pastor in W. wäre. Dann lächelte er ganz verschmitzt und schalkhaft und sagte mit blinzelnden Augen: Wenn das nicht anders würde, würde er nächstens die Betreffenden einfach nicht mehr trauen. „Dann müssen sie einfach noch ein Jahr warten - Punkt!“ Ein allgemeines Kichern auf der Mädchenseite. Ich nehme an, daß er eine bestimmte Person im Auge hatte.
Auf dem Rückweg mußte ich mir regelrecht den Weg durch den Schnee bahnen. Bis oben an den Stiefelrand sank ich ein. Ein herrlicher Morgen war es.
Nun liebe Elsbeth, grüße ich Dich und Dorotheechen. Ich nehme Euch mal beide auf meine starken Soldatenknie und alle drei kuscheln wir dann die Köpfe zusammen. Dann überfalle ich Euch plötzlich, und Dich ganz besonders mit „atemraubenden“ Küssen.
Ich bin immer Dein liebes Mannchen.