Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 3. Juli 1940
3. Juli 1940
Liebste Elsbeth!
Schon wieder haben wir 250 km hinter uns, aber diesmal zurück. Hier erhielt ich Deine
beiden Briefe vom 21. u. 22. und die beiden Filme. Herzlichen Dank für alles. Besonders
gefreut hat mich auch wieder das, was Du über Dorotheechen schreibst. Engländer Popöchen hauen ist gut. Ich hoffe, sie kriegen noch viel, viel mehr als Haue Haue aufs Popöchen. Haben sie doch fast einen ganzen Erdteil in den Krieg getrieben, diese Schmutzfinke. Wenn ich denke, was dieses Parlament ein Elend über die Völker gebracht haben [hat]! Du solltest nur mal die Züge von Flüchtlingen sehen, wie sie über die Landstraße mit Fahrrädern, Kinderwagen, Handkarren, mit Greisen und Greisinnen, mit Kindern und Säuglingen in aller Armseligkeit und abgerissen dahinziehen. Von ihren eigenen Landsleuten kriegen sie nichts. Sie sind froh, daß die Deutschen so anständig sind und mit allen Mitteln versuchen, sie sattzukriegen.
Auch für die beiden Filme danke ich Dir. Möchte ich doch jetzt so viel knipsen, wie nur eben möglich. Und wenn Du nochmal welche erwischen kannst, schicke sie mir um Gotteswillen.
Heute war ich mit dem P.K.W. unterwegs, Geld wechseln. Bei einer Ortskommandantur haben wir zu Mittag gegessen. Zuerst gabs einen schönen Teller Rindfleischsuppe, dann Erbsenpüree mit Fleisch und Champions, dazu ein Glas Wein, wie ich
noch keinen getrunken habe. Für Antialkoholiker stand Kirschsyrup mit Mineralwasser auf dem Tisch und nachher eine starke Tasse Bohnenkaffee. Die Ortskommandanturen sitzen natürlich an erster Quelle. Dazu hatten sie einen französischen Koch aus dem Gefangenenlager und einen Kellner.
Und nun, liebe Elsbeth, muß ich schon Schluß machen, denn der Postabholer wartet schon und wenn er noch länger wartet, geht die ganze Kompaniepost einen Tag später ab. So küsse und herze ich Dich und Dorotheechen mal ganz von Herzen und Dich allein ganz besonders. Aber dabei ist Dorotheechen „leider“ schon im Bett und wir beide sind ganz allein. Kannst Du Dir noch vorstellen, wie schön das ist. Ach, ich freue mich so auf unser Wiedersehen.
Ich bin immer Dein Dich liebender und verehrender, treuer und guter
Hannes