Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 10. Juli 1940
10. Juli 1940
Meine liebe Elsbeth!
Nun bin ich schon wieder eine Woche ohne Post von Dir und habe auch schlecht Gelegenheit, Post für Dich an irgendeiner Stelle unterzubringen. Das kommt von den dauernden Verlegungen.
Aber, das kann uns ja alles nichts anhaben, nicht wahr, liebste kleine Elsbeth. Gewiß, es ist sehr schmerzlich, einige Tage, oder für mich ist es ja meistens noch eine längere Zeit, nichts voneinander zu hören, aber ich bin sowieso den ganzen Tag und immer bei Dir. So merkt man es nicht so arg. Gerade ruft der Leutnant.
Ich muß den Brief morgen fertigmachen, denn ich muß mit dem Auto schnell noch mal weg. Vielleicht komme ich heute abend schon wieder, denn es sind erst 15,30 Uhr und die Strecke ist 250 km.
11. Juli
Ich bin gestern abend doch noch zurückgekommen, wenn auch erst um 22,30 Uhr. Aber wir mußten uns in einer belgischen Stadt 2 Stunden lang durchfragen, Befehle ausrichten und suchen. Aber die Fahrt selbst in dem offenen Personenwagen war schön und ich habe auch einige Zigaretten irgendwo ergattert, die man rauchen kann.
Mit gleicher Post schicke ich 2 Päckchen ab. In einem ist etwas ungebrannter Bohnenkaffee drin und in dem andern eine Tafel Schokolade und ein paar Strümpfchen für Dorotheechen. Aus dem Kaffee müssen die dunklen Bohnen herausgesucht werden, denn sie sind faul. Dann kannst Du sie in der Pfanne schnell braun rösten.
Hier wird wieder viel gekauft, obwohl die Stadt schon halbleer ist. Ich möchte Dir auch mal gern ein Paar Strümpfe schicken, aber es sind meistens ganz abgeschmackte Farben. Und ich will nicht, daß mein Frauchen in häßlichen oder wenig schönen
Strümpfen herumläuft.
Die beiden Kleiderbilder haben mir gut gefallen, Dir auch? (Gesichter und Halsausschnitt von der Blonden kannst Du ja wegdenken.) Wie würden sie Dir stehen? Hier in dem Hause liegen übrigens haufenweise die schönsten Zeitschriften. Kunst, alte Kirchen und Dome, Landschaften, Zimmereinrichtungen usw. wechseln miteinander ab.
So, liebe Elsbeth, jetzt küsse ich Dich wieder mal mitten auf Deinen lieben Mund und halte Dich ganz herzlich lieb. Gib auch Dorotheechen, dem lieben Busselchen ein Küßchen und sag' es wäre von Vati. Hoffentlich vergißt sie mich nicht.
Ich bin immer Dein
treues Mannchen
Ich habe 2 Tafeln Schokolade und kann daher wegen des Gewichtes die Strümpfchen nicht mehr beipacken. Ich schicke daher die Str. extra mit diesem Brief.