Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 16 August 1940

16. August

Meine liebe Elsbeth!

Zuerst immer mal einen herzlichen Gruß und einen festen Kuß von mir. Ich bin noch ganz im Zeichen des „zuhause“ und viel Lust an der Arbeit habe ich noch nicht. Aber morgen gehts natürlich wieder mit vollen Segeln hinein. Gestern haben wir hier auf dem Flugplatz 7 Fliegeroffiziere und einige Soldaten beim Angriff auf England verloren. Und ein Flugzeug kam wieder, bei dem aber auch fast nichts mehr ganz war, als ein Motor. Sag und schreibe 182 Treffer hatte die Maschine und der Pilot einen Beinschuß. Man wundert sich, wie so ein Ding, das wie ein Sieb durchlöchert ist, überhaupt noch fliegen und landen kann.

Mergen läßt Dich und Dorotheechen auch grüßen.

Ich bin noch in einer Stimmung, die voll des schönen Erlebens dieser Woche ist. Es waren doch wunderbare Tage. Man konnte sich so recht aneinander freuen und zusammen glücklich sein. Dorotheechen hat mir ebenfalls recht viel Freude gemacht. Ich bin ja so glücklich, daß bei uns alles so harmoniert, und daß wir uns so gut verstehen. Wenn das nicht wäre, wüßte man ja nicht, weshalb man da ist.

Der Chef war schon des morgens gefahren und ich mußte daher mit dem Lastwagen fahren.

Aber da nicht mehr so viel Gepäck mitgeschleppt wurde, fuhr es sich verhältnismäßig gut. Die Strecke war Aachen, Eupen, Lüttich, Namur, Charleroi, Mons, Valen-

ciennes, Denain.

Vielleicht bist Du schon, wenn Dich dieser Brief erreicht, bei dem Bonner Arzt gewesen. Teil' mir doch bitte mal seine Adresse mit und schreibe mir, was er gesagt hat. Du kannst Dir denken, daß ich auf die Äußerung mehr als gespannt bin. Ich wünsche Dir, Dorotheechen und mir selbst, daß Du recht bald wieder mein altes, frisches Frauchen bist.

Und nun sage ich Dir gute Nacht und halte Dich nochmal ganz fest lieb und küsse Dich auf Deinen lieben Mund.

Ich bin, wie bisher, auch weiter immer Dein treues
Mannchen