Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 16. September 1940
16. September 1940
Meine allerliebste Elsbeth!
Heute habe ich 2 Briefe und einen halben Kuchen bekommen - außerdem Zigaretten. Recht schönen Dank dafür. Den Kuchen wollen wir gleich probieren. Er sieht so aus, wie damals der schöne in Schloßheck.
Aber am meisten habe ich mich über die beiden schönen Briefe gefreut. Besonders der letzte ist so schön, indem Du schreibst, daß Du die Sachen bei Müller bekommen hast und daß Dir alles so gut gefallen hat. Dann hat man natürlich Freude, Frauchen was zu schicken. Man müßte nur ein kleiner Krösus sein, dann solltest Du mal sehen, was ich hier in einem Nachbarort für wunderbare Sachen, Stoffe, gute Oberhemden für 6,- RM, usw. kaufen könnte. Aber - na plus - sagt der Franzmann.
Magda habe ich einen Hochzeitsgruß geschickt, an dem ich den ganzen Sonntagmorgen gemalt und gedichtet habe.
Hoffentlich gefällt er ihr, sonst wär es schade um die ganze Mühe, die ich mir gegeben habe.
Deinen Brief vom 10. 9. habe ich aber noch [noch] nicht bekommen mit den Bildchen. Ich bin einmal gespannt darauf. Alle Achtung vor Frauchens Fotokunst, wenn nur ein einziges Bildchen versaut ist. Aber die Ecke im Schlafzimmer ist für eine Heimlampe auch etwas zu dunkel, da müßte man mind. 2 haben.
Übrigens, schreibst Du auch nochmal an dem Kinderbuch weiter. Ist es nicht schön, daß Du jetzt einen Apparat zur Verfügung hast?
Auf den abendlichen Hausanzug machst Du mich aber gespannt. Das wäre doch eigentlich ein Grund, in Urlaub zu kommen, aber leider kann ich das nicht dem Chef sagen, sonst fährt der unter Umständen selbst. Betören lassen tu ich mich furchtbar gern, besonders aber in einem so verführerisch geschilderten Hausanzug. Aber Du weißt, um ich bin bescheiden; um mich zu verführen, würde es dessen noch nicht mal bedürfen, Du bist mir schon verführerisch, wenn Du gar nichts anhast. Dann würde ich mich auch mit dir auf die Couch legen und wir würden dann verschiedenes sehr Schönes unternehmen. Ach, ich darf gar nicht daran denken, dann schwillt mir schon das Herz vor Erwartung. Und nun mal erst mit Hausanzug!? Na, mir wird es schon schwummerig. Aber so, oder so, immer bist du ja meine körperlich kleine, aber in der Liebe so große Elsbeth, die mich und die ich immer gern hat oder habe. Unser Leben innen drinnen ist doch ein einziges großes Fest. Und unser Festgast ist nur das kleine, liebe Dorotheechen, das mit seinen lieben, lustigen Äugelein uns freudig anblickt (und stolz auf seine neuen Schühchen „von Vati aus Frankreich“ blickt). Was sind wir Drei doch für innerlich glückliche Menschen.
Und in diesen Glücksgedanken will ich Dich umarmen und herzen und küssen und mit Dir umhertanzen und springen bis unsere Gesichter glühen, unsere Augen leuchten und unsere Körper sich innig aneinanderschmiegen. Ich halte Dich fest lieb und gebe Dir obendrein noch zwei ganz zarte Küsse auf ... Immer und immer bin ich Dein lieber Hannes, der Dich verehrt und Dich so schrecklich lieb hat.