Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 11./12. Oktober 1940
11./12. Oktober 1940
Meine liebe Elsbeth!
Gestern abend, nachdem ich Deine beiden Briefe vom 6. und 7. gelesen habe hatte, nahm ich meinen Schreibblock unter den Arm, um Dir auf meinem Zimmer zu schreiben. Ich aß zuerst zu abend und hatte den letzten Bissen im Munde, als der Chef mich hereinrufen ließ. Es wurde 1/2 12 und wir waren beide nicht mehr ganz nüchtern, als wir „zu Bett“ gingen. So muß ich denn heute Morgen schnell doch noch meinem Frauchen einige Zeilen schicken, damit keine Unterbrechung in der 2tägigen Reihenfolge eintritt. Gerade erzählte unser Spieß Begebenheiten aus Polen. Weißt Du, solche, die wir früher nicht glauben wollten. Er hat nun aber tatsächlich solche Fälle gesehen, wo man deutsche Kinder auf den Schulbänken mit Zunge und Beinen festgenagelt hatte. Er hat sogar selbst mit einem Kommando die Täter suchen müssen.
Für Deinen Vater habe ich einen Koupon Leder gekauft. 4 kg = zusammen RM 12,-. Ob er mir das Geld nicht schicken kann? Aber ich kann es erst beim „nächsten Urlaub“ mitbringen. Mehr hätte ich wohl kaufen können, aber es ist nachher zu umständlich mitzunehmen. Geld kann ja (für mich bis 42,- RM monatlich) durch Postanweisung geschickt werden.
Nun schreibe mir bitte bald, was ich für Euch beide kaufen soll.
Die Post geht nun ab und ich muß Schluß machen.