Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 9. November 1940
9. November 1940
Meine liebe, liebe Elsbeth!
Erzürne nicht über das nachlässige Papier. Aber wir sind im Umzug und anderes kann ich im Moment nicht auftreiben. Den Brief gebe ich einem Urlauber mit, der am Montag fährt. Dann hast Du ihn noch immer eher, als mit der Feldpost.
Durch den Umzug komme ich nicht mehr zum Weiterschreiben. Und da der Brief sowieso bis morgen Zeit hat, ist es ja nicht schlimm.
10. November 1940.
Wir sitzen bei Sekt und feiern meine heutige Ernennung zum Reserve-Offz.-Anwärter. Eben ist der entsprechende Batl.-Befehl durchgekommen. Jetzt muß ich mal sehen, wie und wann es weitergeht. Aber schön ist es doch, wenn man etwas weiterkommt. Oder nicht, mein liebes Frauchen. Als ich im August des vergangenen Jahres eingezogen wurde, hätte ich ja an sowas nicht im Traume gedacht.
Momentan setze ich alle Hebel in Bewegung, das mitgebrachte Geld umzuwechseln. Leider haben die Kreditkassen Anweisung, ab 1.11.40 keine Umwechslungen mehr vorzunehmen.
Aber ich denke, daß es doch noch klappt. Ehe kann ich ja nichts kaufen.
Ach, Elsbeth, ich bin immer noch in Gedanken bei Dir. Wie schön doch eine solch kurze „Dienstreise“ schon
Eben haben wir das Wehrmachtswunschkonzert gehört. „Holde Aida“ wurde gesungen. Außerdem sang auch der Don-Kosaken-Chor.
Und nun, liebe, liebe Elsbeth, nehme ich Dich in meine Arme und küsse Dich ganz gesund. Und das ist doch sicher eine Medizin, die sich gut nehmen lässt! oder nicht? Ach, ich habe Dich ja so gern und möchte nur daß Du bald, recht bald wieder gesund bist. Ich nehme Dich in meine Arme, drücke Dich ganz fest an mich und denke immer in Liebe und Verehrung an Dich, meine geliebte Elsbeth.
Dein getreuer Hannes