Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 13. November 1940

13. November 1940

Meine liebe Elsbeth!

Herzlichen Dank für Deinen lieben Brief. Was gibt [geht] eigentlich die Fuchsens [die Nachbarn sind NSDAP-Mitglieder] unsere finanzielle Angelegenheiten an! Aber sei unbesorgt,

dem Staat gegenüber geht die Angelegenheit in Ordnung. Die Sache ist statthaft. Aber es gibt [geht] ja schließlich keinen was an. Ich habe aber sofort veranlaßt, daß die Überweisungen künftig an die Sparkasse erfolgen. Neugierig wäre ich allerdings gewesen, zu erfahren, ob es sich jetzt bei dieser Überweisung um ein weiteres Monatsgehalt, oder um die große Nachzahlung handelt. Schreib es mir doch bitte.

Unsere neue Schreibstube ist schöner als die alte (d.h.: wenn man von Schönheit überhaupt sprechen darf). Sie ist wärmer, hat keine vergitterten Fenster und die Fenster sind so tief, daß man auch schon mal herausgucken kann. Die Fenster in der anderen Schreibstube waren nämlich vergittert und so hoch, daß man, um herauszusehen, sich fast auf die Zehen stellen mußte. Wir liegen jetzt am „Platz Ghambetta“.

Ist Dorotheechen inzwischen wieder bei Dir? Wenn es aber noch nicht gut für Dich ist, läßt Du sie noch ruhig bei Deiner Mutter.

Dein Mannchen „verdient“ jetzt schon wieder mehr. Der Wehrsold ist in Nordfrankreich um 20 % gestiegen. Das bedeutet alle 10 Tage anstatt früher 14,- RM jetzt 16,80 RM Wehrsold und 10,- Frontzulage = RM 26,80. Mein Deutsches Geld habe ich auch noch einmal glücklich umgetauscht bekommen und ich kann nun langsam mit den Einkäufen beginnen. Man findet nur so schlecht Zeit, all' das Zeug zu beschaffen.

Nun, liebe Elsbeth, halte ich Dich ganz fest lieb und küsse Dich ganz fest auf Deinen lieben, lieben Mund. Ich bin immer Dein getreuer
Hannes