Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 15. November 1940
15. November 1940
Meine liebe, liebe Elsbeth!
Zuerst entschuldige die Bleistiftschrift. Meinen Füller habe ich nämlich heute abend in der Schreibstube liegen gelassen und da diese nach dem Umzug etwas von hier abliegt, kann ich ihn nicht mehr holen.
In meinem Zimmer ist im Augenblick große Öde. Alles steht gepackt um mich herum, denn morgen früh verlegen wir unser „Privat-Domizil“ in ein anderes Haus. Ich bekomme wieder ein hübsches Zimmer. Heute ist es frisch tapeziert worden. Heizung, fließend warmes und kaltes Wasser in der Wand eingebaut und mit einer Tür unsichtbar zu machen. Na, wir werden es uns so nett wie irgend möglich machen.
Für Dich habe ich heute und gestern für ungefähr 100,- Mark eingekauft und habe trotzdem Deine Wünsche noch nicht alle befriedigt. Außerdem habe ich fremdes Geld (von Mutter) angebrochen und kann also für diese vorläufig nichts kaufen. Ich glaube, Du mußt mir noch mal etwas schicken.
Stoffe sind übrigens riesig teuer geworden. Kleiderstoff von 4,25 RM auf 7,75 RM, Mantelstoff von 9,- auf 13,50 RM gestiegen. Aber wenn Dir alles gefällt, ist es ja gut und die Qualität ist „tres bon“.
Aber nun zu dem Zweck meines heutigen Briefes.
Liebe, liebe Elsbeth! Ich wünsche Dir zu Deinem Namenstag alles Gute und Schöne und recht viel Freude. Denke, daß ich an diesem Tage ganz besonders an Dich denke. Leider kann ich Dir nichts von hier zukommen lassen. Aber mein Wünschen ist deswegen nicht geringer. Ich küsse Dich dafür ganz herzlich und innig und halte Dich fest lieb. Wir wollen uns an diesem Tag das Allerschönste antun und uns immer so gern und lieb halten und so glücklich sein, wie bis jetzt. Den letzten Namenstag haben wir ja schön zusammen feiern können. Das ist jetzt ja nun nicht möglich. Aber an unserem Gutsein und unserem Glück kann dies ja nichts tun.
So küsse ich Dich nochmals ganz besonders fein auf Deinen schönen, lieben und guten Mund und auf Deine liebe Brust. Dorotheechen grüße auch und sie soll Dir an diesem Tage recht viel Freude machen.
Ich bin immer Dein getreuer und Dich verehrender
Hannes