Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 25. November 1940
25. November 1940
Meine liebe Elsbeth!
Herzlichen Dank für Deine beiden letzten Briefe. Es freut mich, daß Dorotheechen soviel Freude macht. Hoffentlich hält dies so an. Aber bei einer solch lieben Mutti müßte dies ja so sein.
Ich kriege keine Ruhe mehr zum Schreiben und ich bin bange, daß sich dies auf die Briefe etwas auswirkt. Sei mir nicht böse, wenn sie in den letzten Tagen etwas zerfahren aussehen sollten. Dazu kommt die Urlaubsgeschichte in der Kompanie, die mir viel Kopfzerbrechen macht. Die dürfen nicht fahren, weil sie z.Zt. gebraucht werden, andere sollen Weihnachten fahren, weil sie Kinder haben, wieder andere Weihnachten und Neujahr, weil sie noch mehr haben, dann welche nur Neujahr, dann solche, vor Weihnachten, welche nach Neujahr, die kurz zwischendurch, jene länger und dazu darf eine gewisse Zahl nicht überschritten werden. Ich selbst komme wahrscheinlich im Januar. Vielleicht auch, das heißt mit 80 % Sicherheit zwischendurch so, daß ich wenigstens den 2. Weihnachtstag bei Euch bin. Vielleicht könnten wir dann am 1. Weihnachtstag abends (dann würde ich wahrscheinlich ankommen) unsere Feier mit Dorotheechen zusammen halten. Und das wäre ja auch schön, liebe Elsbeth, dränge mich aber nicht zu sehr auf Heiligabend, denn ich habe gestern schon genug einstecken müssen. Das Herz ist mir sowieso deswegen und auch wegen der Verschiebung
bedrückt genug.
Sei immer frohen Muts und denke daran, daß Du bald wieder gesund wirst. Du, meine liebste Elsbeth. Manchmal, so wie jetzt, möchte ich mich so bei Dir bergen können. Und wie schön ist das doch, daß man einen Menschen hat, den man so lieb hat, für den man lebt und der einen Unangenehmes vergessen macht und der einem soviel gibt, daß man allem widersteht, für den glücklich ist und der auch glücklich um des anderen willen ist. Liebe liebe Elsbeth, ich bin immer ganz Dein und bin glücklich, daß Du mich und ich Dich so lieb habe.
Ich küsse Dich
Dein Hannes