Johannes Ließem an seine Frau Elsbeth, 3. Dezember 1940

3. Dezember 1940

Meine liebe Elsbeth!

Vielen, herzlichen Dank für Deine beiden Briefe, den Adventskranz, das Nikolauspaketchen und das Geld. Ich kam mir gestern, wo alle diese Herrlichkeiten auf einmal ankamen, so reich vor, daß ich es kaum fassen konnte. Ich habe ja nicht gern, wenn mehrere Briefe auf einmal ankommen, weil der nächste Tag dann immer „postlos" ist. So war es denn auch heute.

Aber das mit Dorotheechen ist gut. Woher möchte sie das denn wissen mit dem „tätscheln".

Und wenn, wie behält sie das denn? Na, dann will ich jetzt in Gedanken das Wort einmal wahrmachen.

Heute war ich in Mons. Pelzbesatz habe ich nun bekommen. Auch 2 Büchsen Bohnerwachs.

Es fehlt allerdings nun noch das Nachthemd und die Couch-Decke. Wegen des Nachthemdes bin ich in 5 Geschäften gewesen; ich war von Korsets, Büstenhaltern usw. umgeben und dadurch schon sowieso etwas befangen. Dazu kam nun noch, daß verschiedene Frauen die tollsten Höschen und Hemdchen kauften und ich mich immer verpflichtet fühlte wegzugucken. Und wenn ich dann

drankam, hieß es immer, es seien nur noch 2 Stück, oder 1 Stück oder garkeins mehr da. Und was noch da war, waren natürlich Sachen, die die anderen nicht gemocht hatten. Aber Ma meine Einkäufe für Dich belaufen sich sowieso schon im Moment auf 130,- RM.

Gestern Abend war ich, mit einem Wort gesagt, voll. Unser Chef ist Oberleutnant geworden und wir haben entsprechend gefeiert. Kognac, Schnaps, Sekt, Sekt mit Rotwein, alles ging einem nachher durcheinander.

Die Sachen für den Mantel gebe ich übermorgen Mergen mit, der in Urlaub fährt. Er wird Dich bei Pfletschingers anrufen und sagen, wie Du am schnellsten dran kommst.

Und nun, liebe Elsbeth, küsse ich Dich herzlich auf Deinen lieben Mund und bin immer Dein getreuer
Hannes